Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 93

wenn ich dieses Wort verwende. (Abg. Silhavy: Das ist genau das, was Sie uns jetzt vorexerzieren, Herr Kollege Kier!) Das ist nicht angemessen, den Leuten anhand einer Statistik vorzugaukeln, daß sie nicht langzeitarbeitslos sind. Der Langzeitsarbeitslose weiß, daß er langzeitarbeitslos ist, nur glaubt er, daß er einer Minderheit angehört, wenn er die Statistik liest. Wenn er sich im Bekanntenkreis etwas umhört, stellt er fest, daß er offenbar lauter Angehörige dieser Minderheit kennt und kaum noch einen anderen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Das, finde ich, ist nicht gut, Frau Kollegin Silhavy. Ich verstehe, daß Sie sich kränken – obwohl ich es nicht darauf anlege, Sie zu kränken –, weil Sie wissen, daß ich recht habe. Nur mit Argumenten, die stimmen, emotionalisiert man sehr stark, und diese Argumente, die die Liberalen seit Jahren vorbringen, stimmen auf Punkt und Beistrich. Wir hätten die Studie von St. Gallen nicht gebraucht, uns hätten die internen Papiere des Arbeitsmarktservice Wien, die schon drei Jahre alt sind, genügt. Da steht nämlich dasselbe drin. Und was stellt sich dann heraus? – Einer derjenigen, nämlich der Leiter des AMS-Wien, der diese Papiere geschrieben hat, ist auf einmal über Nacht Persona non grata. Auf einmal ist er nicht mehr gefällig!

Frau Bundesministerin! Sie haben gesagt, er hat sich keine dienstrechtlichen Verfehlungen zuschulden kommen lassen, die arbeitsrechtliche Schritte erfordern würden. Ich frage Sie: Welche Verfehlungen hat er sich dann zuschulden kommen lassen, wenn seine Ablöse Ihrerseits erwünscht ist? (Abg. Mag. Peter: Der war nicht parteikonform!) Sie sagen, nur die Arbeitgebervertreter in den Gremien haben es verhindert und haben unbillige Junktimierungen dran geknüpft. Über die Frage der Junktimierungen habe ich mich schon geäußert, es mag wohl auch stimmen, aber glücklicherweise haben Sie das so ausgesprochen, daß ich es als Beweis verwenden kann.

Nur: Welche Verfehlungen waren es dann? Etwa die Verfehlung, daß der Vermittlungserfolg in Wien wesentlich höher ist, als er allgemein dargestellt wird, bereinigt um Saisonarbeitskräfte und solche, die eine Wiedereinstellungszusage haben, wenn sie arbeitslos werden? Ist das ein Vermittlungserfolg von irgend jemanden, wenn einer gekündigt wird, weil er Saisonnier ist und die Wiedereinstellungszusage für nachher in der Tasche hat, und dann bekommt er diesen Job nachher? Wer hat denn den vermittelt? Das AMS? – Also das ist kein Vermittlungserfolg. Es ist ein Erfolg des Arbeitsmarktes, daß es so etwas gibt. Daß flexible Möglichkeiten vorhanden sind, ist ein Erfolg der Unternehmen und der Mitarbeiter. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich bin der Meinung, wenn es Wiedereinstellungszusagen gibt, dann ist es okay, aber dann ist das kein Vermittlungserfolg von irgend jemandem, sondern der Betreffende hat eben die Rückfahrkarte in der Tasche. Es ist immer noch die Frage, ob es nicht besser wäre, Jahreszeitdurchrechnungen zu machen. (Abg. Edler: Warum wird er überhaupt in die Arbeitslosigkeit geschickt?) Da braucht er nicht einmal die Rücknahmezusage haben, sondern er ist durchgängig beschäftigt, durchgängig versichert, aber er hat eben floatende Arbeitszeiten. Das heißt nämlich Flexibilisierung. Das heißt nicht, den Menschen die Sozialrechte wegzunehmen, sondern die sozialen Rechte der Leute über das ganze Jahr drüberzuspannen. Das heißt Flexibilisierung! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Silhavy: Und wer zahlt das?)

Frau Kollegin Silhavy! Wenn der einzige Einwurf ist: Wer zahlt das?, dann muß ich Ihnen sagen, man wird sicherlich gemeinsam darüber nachdenken müssen, und auch die Arbeitgeberseite, auch die Wirtschaft wird bereit sein, Beiträge zu leisten – glauben Sie mir das! –, wenn sie sinnvoll sind. Aber wenn man zunehmend das Gefühl hat, es wird nur mehr kassiert, mit ungewissem Erfolg, für unwirksame Maßnahmen, dann ist man verdrossen, dann zahlt man nicht gerne. Und wenn es noch dazu zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit geht, weil es ausschließlich auf den Löhnen "draufsitzt", dann ist man verdrossen.

Aber vom Nichtzahlen war nicht die Rede. Es wäre absolut naiv anzunehmen, daß es ein Sozialsystem gibt, das sich selber rechnet. Das wäre ein Irrtum, dann bräuchte man es nämlich nicht. Wenn die Leute sich das alles selber leisten könnten, bräuchten Sie kein Sozialsystem. Also passen Sie bitte auf, weil der soziale Zusammenhalt in der Gesellschaft ist sehr wichtig,


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