Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 198

Damit Sie, die Abgeordneten von der ÖVP, nicht sagen können, daß Sie gewisse Dinge nicht gewußt haben, etwa, wie der außergerichtliche Tatausgleich zustande kommen kann – und zwar für Delikte, die mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind –, habe ich mir die Mühe gemacht, unter Berücksichtigung aller Ausnahmebestimmungen, die in diesem Gesetz vorgesehen sind, und auch unter Berücksichtigung der Einzelrichterdelikte einige Sachen herauszusuchen. Sie können es sich dann überlegen. Daß das den Sozialdemokraten egal ist, weiß ich, denn diese Ideologie ist ja sattsam bekannt. (Abg. Parnigoni: Wie können Sie das behaupten?)

Aber damit sich die Kollegen von der ÖVP vorstellen können, wie der außergerichtliche Tatausgleich bei diesen Delikten zustande kommen kann, trage ich Ihnen das vor und überlasse die Beurteilung dann Ihrer Phantasie und Ihrem Charakter. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da gibt es zum Beispiel den § 207 über pornographische Darstellungen mit Unmündigen. Sie alle, von jeder Fraktion, sind noch vor kurzer Zeit – als die Sache in Bad Goisern aufgeflogen war – hier gestanden und haben einstimmig zugestimmt, als es geheißen hat: Pornographische Darstellung mit Unmündigen – unmöglich! Wir sind alle dafür, daß es so etwas nicht geben soll!

Jetzt kann sich der Täter freuen, denn er hat die Möglichkeit zum außergerichtlichen Tatausgleich bei folgender Tat – ich zitiere –:

 

"Wer eine bildliche Darstellung einer geschlechtlichen Handlung an einer unmündigen Person oder einer unmündigen Person an sich selbst, an einer anderen Person oder mit einem Tier," – das steht auch drinnen (Abg. Großruck: Bestialismus nennt man sowas!)  "deren Betrachtung nach den Umständen den Eindruck vermittelt, daß es bei ihrer Herstellung zu einer solchen geschlechtlichen Handlung gekommen ist, ..." – und so weiter, Zitatende –, ist mit einem Strafausmaß von nur bis zu zwei Jahren zu bestrafen.

Schärfer wird es danach: "Mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren ist zu bestrafen, wer die im Abs. 1 bezeichnete Tat gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande begeht." (Abg. Schieder: Sie glauben, das Tier verhandelt dann mit dem Täter?) Jetzt frage ich Sie, wie der außergerichtliche Tatausgleich bei diesen Opfern aussieht.

Oder: die gefährliche Drohung. Das sagt sich so leicht, daß man sich nach einer gefährlichen Drohung mit Handschlag – wie es die Liberalen fordern – versöhnen kann. Darüber heißt es im Gesetz – ich zitiere –:

 

"Wer eine gefährliche Drohung begeht, indem er mit dem Tod, mit einer erheblichen Verstümmelung oder einer auffallenden Verunstaltung, mit einer Entführung, mit einer Brandstiftung, mit einer Gefährdung durch Kernenergie, ionisierende Strahlen oder Sprengmittel" – also droht, eine Tat mit Sprengmittel zu begehen – "oder mit der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz droht, ist mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen." – Zitatende.

Ich frage Sie: Ist die Schwere des Deliktes eine "Gummigeschichte"? – Der Täter kann einen außergerichtlichen Tatausgleich begehren – das ist möglich –, aber das Opfer ist vielleicht Zeit seines Lebens seelisch ruiniert, was der Täter zum Zeitpunkt dieser Drohung noch gar nicht abschätzen kann! (Abg. Großruck: Für die FPÖ kann das nur positiv sein!)

Auch die Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen, § 85, ist nicht ausgenommen. (Abg. Großruck: Rosenstingl hätte Holz hacken gehen müssen! – Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.) Da heißt es:

"Hat die Tat für immer oder für lange Zeit ... den Verlust oder eine schwere Schädigung der Sprache, des Sehvermögens, des Gehörs ..." – Wirklich sehr lächerlich, lustig! Wenn Ihnen bei einer Wirtshausrauferei das Gehör abhanden kommt, wenn Sie einen Gehörsturz oder sonst etwas erleiden, dann möchte ich den außergerichtlichen Tatausgleich erleben, meine Herren von der ÖVP! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Großruck: Stellen Sie sich vor, was die FPÖ-Abgeordneten dann arbeiten müßten! Rosenstingl müßte Holz hacken gehen!) Wie stellen Sie sich da den Tatausgleich in Verbindung mit dem Opfer vor, wobei es nicht zwingend vorgeschrieben ist?


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