Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 162. Sitzung / 90

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich als erster Redner Herr Abgeordneter Gaugg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.12

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Es liegt heute ein Gesetzentwurf vor, der die Ausgliederung der Wiener Stadtwerke zum Inhalt hat. – So weit, so gut. Aber zur Art und Weise und Form, wie dies passieren soll, kann ich nur sagen: so weit, so schlecht. Wir werden nämlich den Eindruck nicht los, daß es dafür eine Anlaßgesetzgebung gibt. Diesen Eindruck gewinnt man nicht zuletzt deshalb, weil – aus mir völlig unverständlichen Gründen – der Bund auf die Bezahlung von 125 Millionen Schilling verzichtet.

Jedes private Unternehmen, das sich eine andere Unternehmensform sucht, das also Vermögen verändert, wird zur Zahlung von Steuern verpflichtet. Aber die Stadt Wien und die Vertreter der Regierung richten es sich so, daß 125 Millionen Schilling nicht bezahlt werden müssen.

Mit welchem Recht verfügen Sie über einen dreistelligen Millionenbetrag? Was veranlaßt Sie, dermaßen selbstherrlich vorzugehen, während diese Ausgliederung noch dazu nicht einmal in Ansätzen einer Privatisierung gleichkommt? – Privatisierung würde nämlich bedeuten: Einsatz von privatem Kapital und gleiche Rahmenbedingungen, wie sie für alle anderen Unternehmen in Österreich gelten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Um den Wiener Stadtwerken doch noch einen gewissen Schutz zu geben, ist es also notwendig, ein eigenes Gesetz zu beschließen. Da wird ein eigener Kollektivvertrag für die Mitarbeiter der Wiener Stadtwerke beschlossen. – So weit, so gut. Aber warum ist das überhaupt notwendig? – Weil die sehr fleißigen Mitarbeiter der Wiener Stadtwerke sonst unter einen wesentlich schlechteren Kollektivvertrag, nämlich den des Handels, fallen würden!

Das bedeutet, Herr ÖGB-Präsident Verzetnitsch, daß es nicht so ist, wie Herr Kollege Nürnberger sagt – nämlich wie großartig die Leistungen des ÖGB in der Vergangenheit waren –, sondern daß man zu besonderen Maßnahmen greifen muß, eigene Kollektivverträge ins Leben rufen muß, um den Mitarbeitern keine verschlechternde Situation zuzumuten!

Nun meine ich aber, das Ganze wäre gar nicht notwendig, wenn Sie in der Lage wären, für alle österreichischen Arbeitnehmer Arbeitsbedingungen zu vereinbaren, die zeitgemäß sind. Aber aus Angst, beim Handelskollektivvertrag zu landen, machen Sie einen eigenen Kollektivvertrag.

Da gibt es eine angeblich so gute, eine hochgepriesene Gebietskrankenkasse für die Beschäftigten in Österreich. Aber man traut dem offenbar nicht ganz, denn Sie sagen, wir brauchen für diesen Bereich eine eigene Betriebskrankenkasse. Da frage ich Sie: Wozu? Brauchen Sie für ein paar Funktionäre eine Beschäftigung, oder sind in dieser neuen Krankenkasse die Bedingungen wiederum besser als die für die übrige arbeitnehmende Bevölkerung?

Auch die Frage der Personalvertretungs- oder Betriebsratswahl ist eine etwas eigenartige. Zunächst verlängert man einmal das Mandat bis zur nächsten Wahl. Anscheinend hat man wenig Vertrauen, man fürchtet, daß es unter Umständen durch die Privatisierung des Unternehmens und bei Neuwahlen zu Veränderungen – letztlich auch im Interesse der Mitarbeiter – kommen könnte.

Ich verstehe in diesem Punkt die Haltung der ÖVP überhaupt nicht, denn jedem Privatunternehmen nehmen Sie das Geld mit Freuden weg, da stimmen Sie zu. Ich möchte nicht wissen, was unter der Decke wieder für ein Kuhhandel passiert ist, so wie etwa seinerzeit bei den Österreichischen Bundesbahnen, als man dem Bundesbahn-Betriebsgesetz zugestimmt hat, und


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