Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 162. Sitzung / 242

"Darüber hinaus ist anzunehmen, daß das Aufsichtsratmitglied dem Unternehmensinteresse stets den Vorrang geben muß. Findet sich keine andere Lösung, muß es, wenn sich die Interessenkollision zum andauernden Pflichtenwiderstreit verdichtet, eines der kollidierenden Ämter niederlegen." – Ich könnte weitere Fachleute aus der Rechtsliteratur zitieren.

Das heißt: Wenn Generaldirektor Kommerzialrat Heribert Schimetschek seine Informationen, die er als Mitglied des Direktoriums der Nationalbank, dem er als Vizepräsident angehört, als Aufsichtsratspräsident der Ersten Österreichischen Sparkasse nicht verwendet, dann hat er eine grobe Pflichtverletzung begangen. Wenn er diese Informationen aber verwendet, dann wiederum verstößt er gegen die Verschwiegenheitspflicht gemäß Nationalbankgesetz.

Es handelt sich also meiner Ansicht nach um eine ganz klare Pflichtenkollision, und ich bedauere, daß Herr Bundeskanzler Mag. Klima, obwohl ich ihn am 4. September auf diese Interessenkollision und Pflichtenkollision hingewiesen habe, die Bestellung am 8. September vorgenommen und mir auf meinen Brief leider erst am 11. Dezember geantwortet hat.

Was bedeutet das nun für uns, meine Damen und Herren des Hohen Hauses? – Wir müssen im Nationalbankgesetz meiner Auffassung nach eine Änderung vornehmen, indem wir ein einziges Wort streichen. In § 22 Abs. 4 dritter Satz der alten Fassung heißt es: "Von den Mitgliedern des Generalrates dürfen nicht mehr als vier hauptberuflich der Verwaltung von Kreditinstituten angehören." – Dieses Wort "hauptberuflich" ist zu streichen, denn wie ich Ihnen eben anhand der zitierten Gesetzesstellen und des Kommentars nachgewiesen habe, ist ein Präsident eines Aufsichtsrates selbstverständlich verpflichtet, all sein Können und Wissen dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Denn er kommt sonst auch in die Haftung des Aufsichtsrates. Auf der anderen Seite können Sie von keinem Menschen erwarten, daß er das Wissen, das er als Vizepräsident des Generalrates und damit Mitglied des Direktoriums über andere Institute erhalten hat, und das, was er an Konkurrenzinformationen bekommen hat, nicht verwendet. Das kann kein Mensch auseinanderhalten! Daher schlage ich Ihnen vor, daß wir ehebaldigst die Änderung des Nationalbankgesetzes in dieser Form vornehmen, um zu verhindern, daß es wieder zu solchen Interessenkollisionen kommt.

Weiters sollte sich der Herr Bundeskanzler den Kopf darüber zerbrechen, ob der Nationalbank nicht besser gedient wäre, wenn die hervorragende Wirtschaftspersönlichkeit Kommerzialrat Schimetschek ein einfaches Generalratsmitglied wäre und die Position des Vizepräsidenten von jemand anderem wahrgenommen würde.

Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich – ich gehe jetzt nicht so weit; oder sollte ich es vielleicht doch? – die Frage in den Raum stellen, ob diese Bestellung nicht vielleicht doch etwas mit der rot-schwarzen "Farbenlehre" zu tun hat. (Beifall beim Liberalen Forum.)

23.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

23.24

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden diesen Antrag noch im Detail im Ausschuß diskutieren.

Herr Abgeordneter Peter! Ein paar Dinge möchte ich aber doch im Rahmen der ersten Lesung erwähnen – ich beschränke mich auf drei Punkte.

Erstens: In Ihrem Antrag wird im wesentlichen von Mitgliedern der Verwaltung gesprochen. Daher müssen wir darüber diskutieren, ob ein Aufsichtsrat nicht in erster Linie ein Aufsichts- beziehungsweise Kontrollorgan eines Unternehmens ist, wie weit wir den Begriff "Verwaltung" fassen, ob unter Verwaltung im eigentlichen Sinn nicht nur Vorstandsmitglieder und leitende Angestellte einer Unternehmung zu verstehen sind und durch den Terminus "Verwaltung" zum Beispiel die von Ihnen in der Begründung angeführten Aufsichtsräte gar nicht erfaßt sind.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite