Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 164. Sitzung / 183

rechte bei Anlagen geht, dann höre ich nicht, daß die ÖVP eine Bürgerpartei ist! Dann höre ich nicht, daß Ihnen die Anliegen der Bürger wichtig sind und daß Ihnen wichtig ist, daß sie rechtzeitig in das Verfahren einbezogen werden. (Beifall bei den Grünen.)

Es sagen nicht nur die Grünen, daß die Bürgerbeteiligung bei Verfahren nicht nur zu einer konsensualen Beschlußfassung führen kann, sondern sogar zu einer Beschleunigung von Verfahren, wenn rechtzeitig besorgte Anrainer einbezogen werden. Vielmehr findet sich auch in einer Studie, die erst diese Woche erschienen ist, die von der Arbeiterkammer und der Industriellenvereinigung in Auftrag gegeben worden war, der Kernsatz – ich zitiere wörtlich –: "Die Nachbarn und andere Parteien verzögern die Verfahren nicht nennenswert." – An der Erstellung dieser Studie war die Industriellenvereinigung beteiligt, und es zeigt sich einmal mehr, wieviel an irrationalen und auch unrichtigen Behauptungen, wenn es um die UVP geht, immer wieder aufgestellt werden.

Besonders ärgerlich ist diese Diskussion, die seit Monaten rund um die UVP stattfindet, vor allem deshalb, weil wir die UVP novellieren müssen beziehungsweise schon längst hätten novellieren müssen. Denn wir sind bei der Umsetzung der EU-Änderungsrichtlinie säumig. Am 14. März ist die Frist für die Umsetzung der EU-Änderungsrichtlinie zur UVP abgelaufen, und das angebliche Umweltmusterland Österreich hat es nicht geschafft, diese rechtzeitig umzusetzen! Und zwar haben wir es deshalb nicht geschafft, weil die Wirtschaft – die Bundeswirtschaftskammer, Herr Stummvoll oder wer immer – mit einer besonders irrationalen und meiner Meinung nach auch die Wirtschaft schädigenden Vorgangsweise der Verabschiedung der Novellierung der UVP immer wieder im Wege steht.

Dann wird eine Studie in Auftrag gegeben, die ich mir nicht einmal als Seminararbeit abzugeben trauen würde. "Schröck-Studie" wird sie jetzt in der Kurzfassung genannt, es handelt sich hiebei um die Studie von Thomas Schröck, "Umweltverträglichkeitsprüfung in Österreich und Europa". (Bundesminister Dr. Bartenstein: Da "schröckt" man sich!) – Ja, da "schröckt" man sich, das finde ich auch, Herr Bundesminister! Mit dieser Studie wird jetzt offensichtlich von Wirtschaftsseite immer wieder argumentiert, wie lange die Verfahren im europäischen Durchschnitt dauern würden. Im Vergleich zu anderen EU-Ländern würde bei uns ein Verfahren angeblich zu lange dauern.

Lesen Sie sich das durch, Herr Abgeordneter Kummerer, und dann werden Sie sehen, daß auch das ein Popanz ist! Herr Schröck hat nämlich nur eines getan: Er hat bei den österreichischen Handelsdelegierten der EU-Länder angefragt. Nur in Deutschland hat er zum Teil auch vollziehende Beamte gefragt, aber dort hat er nicht so viele Informationen bekommen. Deshalb hat er es dann einfach hochgerechnet. Aufgrund dieser Anfragen bei Handelsdelegierten, welche die Bestimmungen in den einzelnen EU-Ländern nicht rasend gut kennen, und aufgrund irgendwelcher Hochrechnungen ist er zu dem Schluß gekommen, daß das alles in Österreich furchtbar lange dauert. Meiner Ansicht nach ist das einfach ein Witz.

Aber mit so etwas kommt dann die Wirtschaft daher und fordert, das UVP-Gesetz und das Verfahren in Österreich müßten vereinfacht werden. Das ist unseriös, das ist absurd. Ich denke, damit hat sich die Wirtschaft, wie ich jetzt verallgemeinernd sagen möchte, selbst ins Knie geschossen. Das sollte sich Dozent Schwarz einmal überlegen. Denn jetzt besteht eine erhebliche Rechtsunsicherheit.

Mit 14. März, ich sage es noch einmal, hätten wir die Änderungsrichtlinie umsetzen müssen. Es wird möglicherweise Betriebe geben, die jetzt schon in den UVP-Bereich fallen würden und eigentlich entsprechend der EU-Richtlinie geprüft werden müßten, ohne daß es dazu kommt, weil diese Regelung noch nicht im österreichischen Gesetz verankert ist. Ich möchte Sie bitten, Herr Bundesminister, zu sagen, wie Sie selbst oder Ihr Ressort mit dieser Situation umgehen.

Ein weiterer Punkt: Es wird nicht nur eine Novelle der UVP aufgrund der EU-Änderungsrichtlinie diskutiert, sondern es wird unter dem Titel "Verfahrensvereinfachung" von Wirtschaftsminister Farnleitner vehement ein Betriebsanlagengesetz gefordert, ein Umweltgesetz für Betriebsanlagen. Der Entwurf ist seit gestern an einige Stellen ergangen.


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