Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 165. Sitzung / 30

als zweite Determinante Liberalisierung, Deregulierung und Dynamisierung von Rahmenbedingungen. Das Hohe Haus hat in den letzten Jahren eine Fülle von Beschlüssen – ich denke etwa an Ladenöffnung, Gewerbeordnung, Energie, Strom, und ich denke auch an den noch kommenden Beschluß bezüglich Gas – beschlossen. Über einen Punkt wird noch zu sprechen sein: über die Frage der Beseitigung behindernder Standards in Österreich. Auch dazu später ein Beispiel.

Die dritte Komponente, meine Damen und Herren, ist heute der mobile Konsument geworden, der sich über Internet, über freien, unkontrollierten Grenzübertritt selbst alles besorgen kann. Ich verwende das Beispiel, das gestern auch der Notenbankpräsident gebracht hat: Wir können über die Zinsenlandschaft in Österreich diskutieren, was wir wollen. Man holt sich einfach einen Franken-Kredit und finanziert um 1,5 Prozent, und wir sitzen in einigen Sektoren auf unseren geförderten Krediten drauf. Das heißt – dritte Dimension –: Der Wettbewerber, der teilnehmende Konsument oder Unternehmer ist mündig geworden, es stehen ihm alle direkten Zugänge zur Verfügung.

Und jetzt kommt die vierte strategische Antwort. In Österreich hatten wir bis vor wenigen Jahren eine Situation, in der im Wettbewerbsrecht eher der Mitbewerber geschützt wurde als der Wettbewerb; UWG als ein Beispiel. Und wenn wir die in wenigen Tagen beziehungsweise meines Wissens in wenigen Wochen dem Ministerrat vorzulegende Novelle zum Kartellgesetz zu diskutieren haben werden, wird es darum gehen: Wie schützt man zweckmäßig den Wettbewerb und nicht die Mitbewerber?

Ich darf sagen, daß der Justizminister mir mitgeteilt hat, daß nach einer Einigung auf Expertenebene dem Hohen Haus in den nächsten zwei Wochen durch den Ministerrat ein Entwurf einer Regierungsvorlage zugeleitet werden wird, in dem in jedem Fall das amtswegige Verfahren durch das Kartellgericht, eine Verschärfung der Aufgriffskriterien und der Marktmachtvermutungen enthalten sind. Es wird auch noch einige andere Änderungen geben. Es ist zum Beispiel darin auch das Verbot des Verkaufs unterm Einstandspreis für marktbeherrschende Unternehmen als Mißbrauchskriterium enthalten.

Ich füge hier aber gleich hinzu: Mir ist heute eine jüngste Stellungnahme der Europäischen Union zugänglich geworden, die uns soeben aus dem Hause zugemittelt wurde. Sie betrifft die Empfehlung der Kommission für die Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft. In dieser Publikation oder in dieser Note, in diesem Begleitschreiben vom 8. April wird für Österreich ausdrücklich festgehalten: Das österreichische Kartellgesetz aus dem Jahre 1988 steht nicht mit dem Gemeinschaftsrecht im Einklang. Allerdings plant die Regierung eine Reform des Gesetzes und die Einrichtung eines unabhängigen Kartellamtes. Diese Reformen sollten so rasch wie möglich durchgeführt werden.

Ich gebe zu, daß wir im Bereich dieser unabhängigen Stelle noch Handlungsbedarf haben, der in der jetzigen Novelle nicht hinreichend formuliert ist, aber insgesamt ist der Trend der österreichischen Kartellgesetzgebung dann durchaus hinreichend, wenn diese Novelle so beschlossen werden wird.

Ein weiterer Punkt: Wir sehen am aktuellen Telekom-Fall, den auch Herr Abgeordneter Peter angesprochen hat, daß wir uns in einem stark strukturierten, wettbewerbsfähigen Industrie- und Dienstleistungsumfeld mehr denn je auch auf die Wettbewerbskontrolle der Europäischen Union verlassen können und sogar verlassen müssen, weil etwa der Umsatz der beteiligten Unternehmen in dieser Fusion eindeutig weit über die österreichische Kompetenz hinausgeht.

Daher, meine Damen und Herren – und damit, Herr Präsident, komme ich auch zum Schluß meiner Ausführungen –, habe ich in meinem Haus, unabhängig von der Entwicklung des Kartellrechtes, vor einigen Wochen eine Wettbewerbsservicestelle eingerichtet, die sicherstellen soll, daß mein Haus künftig eine aktivere Rolle in der Wettbewerbspolitik einnimmt. Wir haben zum Ortstarif eine Servicenummer bekanntgegeben, und es sind auch schon eine Reihe von Fällen an uns herangetragen worden. Wir werden künftig selber über die Finanzprokuratur vom Klagerecht Gebrauch machen. Wir werden weiters an den europäischen Verfahren intensiver


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