Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 165. Sitzung / 83

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein wichtiger Punkt ist schon vom Herrn Bundeskanzler und vom Herrn Vizekanzler angesprochen worden, nämlich, daß das Grenzregionenprogramm auf beiden Seiten durchgesetzt werden konnte.

Ich habe noch die diesbezüglichen Debattenbeiträge der Opposition hier im Haus im Ohr, die der Regierung nicht zugetraut hat, daß sie das durchsetzen kann. Der Beschluß dieses Programms zeigt aber, daß wir ein Verhandlungsteam in der Regierung haben, das durchsetzungsfähig und kompetent ist und weiß, wann es etwas zum rechten Zeitpunkt erreichen kann.

Sie werden auch auf europäischer Ebene – auch wenn Sie von der Opposition es nicht wollen – feststellen: Aufgrund der Vorsitzführung Österreichs im vergangenen Halbjahr, hat unser Team das Vertrauen der anderen Regierungskollegen bekommen. Man hat auf europäischer Ebene auch erkannt, daß von Österreich nichts Unbilliges verlangt wird. Das ist das, was Österreich in die internationale Gemeinschaft einbringen konnte, und damit wurde auch etwas erreicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Da meine Redezeit sehr knapp bemessen ist, möchte ich nur noch etwas erwähnen, von dem ich persönlich sehr betroffen bin. Ich war persönlich betroffen von der Aussage des Klubobmanns Dr. Khol. (Abg. Aumayr: Das verstehe ich! – Heiterkeit.)

Nein, Entschuldigung. Mit den Ausführungen von Herrn Klubobmann Dr. Khol bin ich hundertprozentig einverstanden. Aber ich vermisse Herrn Klubobmann Dr. Kostelka hier im Saal, denn ich hätte ihm gerne persönlich meine Meinung und meine Betroffenheit ins Gesicht gesagt: meine Betroffenheit darüber, daß er gesagt hat, "jeder Form des Krieges gegenüber neutral zu sein". – Das hat mich zutiefst betroffen gemacht! (Abg. Aumayr: Sie sitzen mit ihm in einer Regierung zusammen, Frau Kollegin!)

Ich habe mich gefragt: Hat er die letzten Jahre so viel zu verhandeln gehabt, daß er nicht erlebt hat, was in dieser Region passiert ist? Hat er aus der Geschichte nicht gelernt?

Kennt er die Worte Pestalozzis nicht: "Ihr kennt kein Völkerrecht ohne ein Volksrecht, und kein Volksrecht ohne ein Menschenrecht"? Oder kennt er nicht die Worte Schillers, die da lauten:

"Die Bemerkung ist nichts weniger als neu, daß keine Kriege zugleich so ehrlos und unmenschlich geführt werden als die, welche Religionsfanatismus und Parteihaß im Inneren eines Staates entzünden."

Hierzu nenne ich auch die folgenden Worte Voltaires: "Wer dem Verbrechen Nachsicht übt, wird sein Komplize." (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Ich kann nicht neutral gegenüber den Opfern, den Vertriebenen, den Getöteten, den Mißhandelten und den vergewaltigten Frauen sein! Das möchte ich auch Frau Dr. Petrovic sagen: Demgegenüber kann ich nicht neutral sein, und demgegenüber kann ich nicht schweigen! Ich kann hier nicht so theatralisch wie Frau Dr. Petrovic auftreten. Bei ihr habe ich das Empfinden, das menschliche Empfinden vermißt. Sie ist für Tierschutz, aber nicht für Menschenschutz. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich erinnere an einen Ausspruch eines bereits verstorbenen Dissidenten und Schriftstellers aus dem früheren Jugoslawien. Er sagte vor vielen Jahren, als sich der Westen auf den Standpunkt stellte, abzurüsten und die Zahl der Waffen zu reduzieren: Vergißt der Westen auf folgendes? Wenn jemand Waffen hat, dann ist er der Stärkere; wenn aber jemand sich selbst schwächt, dann wird er nie seinem Recht zum Durchbruch verhelfen! – Das habe ich noch im Ohr.

Ich kann den Vertreibungen nicht zustimmen, die seit einem Jahrzehnt in dieser Region geschehen und die darauf basieren, daß Milošević den Autonomiestatus der Vojvodina und des Kosovo aufgehoben hat – damit hat es begonnen –, und ich kann der neutralistischen Politik des Klubobmanns Dr. Kostelka nicht zustimmen! Ich bin für eine menschliche Politik für die Opfer. Sie sind es meiner Ansicht nach, denen geholfen werden muß, und ihnen können wir helfen. Ich


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