Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 166. Sitzung / 34

Zu den Errungenschaften des Europarates zählen aber nicht nur rechtsetzende und rechtschützende Instrumente, sondern auch andere praktische völkerverbindende Aktionen wie die Aktion gegen Intoleranz, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus, Kulturinitiativen wie vielbeachtete Europarats-Ausstellungen, Europäische Jugendzentren in Straßburg und Budapest oder – in Österreich wahrscheinlich leider viel zuwenig bekannt – das Europäische Fremdsprachenzentrum in Graz, eine Europaratseinrichtung.

1949 hat der Europarat mit zehn Mitgliedsländern begonnen. 1989, vor dem Fall des Eisernen Vorhanges und der Berliner Mauer, waren es 23. In den letzten zehn Jahren ist es mit einer enormen Erweiterung des Europarates gelungen, seine Grundsätze über den gesamten Kontinent zu verbreiten. Mit Georgien werden es zum 50. Geburtstag in wenigen Tagen bereits 41 Mitgliedsländer sein.

Die wenigen weißen Flecken auf der Landkarte des Europarates kennzeichnen zugleich leider verbleibende Konfliktzonen, ungelöste Probleme oder eben schwerste Demokratie- und Menschenrechtsdefizite, wie sie vor allem in Jugoslawien und Weißrußland vorkommen.

Trotz seiner Errungenschaften und seiner wichtigen Aufgaben, einschließlich der Vertiefung seiner Prinzipien in allen Mitgliedsländern, leidet der Europarat darunter, daß er neben anderen europäischen Institutionen wie der Europäischen Union oder auch zum Teil transatlantischen Einrichtungen wie der OSZE etwas in den Hintergrund getreten ist. Europa als politischer Begriff wird heute meist als Synonym für die Europäische Union der 15 und nicht des Europarates der 40 oder 41 verwendet.

Aber wir brauchen dieses größere, dieses gesamte Europa ohne neue Mauern und ohne neue Gräben. Wir müssen an die Kraft der Werte der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte glauben und jene, die noch abseits stehen, auch davon überzeugen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Daher muß der Europarat tatsächlich zu dem werden, was der auf Initiative von Alois Mock in Wien stattgefundene erste Gipfel der Staats- und Regierungschefs zum Ausdruck gebracht hat: Der Europarat muß zur herausragenden politischen Institution Europas, die die neuen von der kommunistischen Unterdrückungsherrschaft befreiten Demokratien als gleichberechtigte Partner aufgenommen hat, werden. Der Dialog im Rahmen des Europarates als paneuropäisches politisches Forum muß zu einem zentralen Instrument der Politik, der Stabilität und des Friedens auf unserem Kontinent werden. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ, der Grünen sowie des Liberalen Forums.)

Um sichtbarer zu werden, muß der Europarat aber auch nach mehr praktischen Ergebnissen trachten, die von den Bürgern der Mitgliedsländer wahrgenommen werden können. Die Politik des Europarates muß stärker im Dienst der Mitgliedsländer und ihrer Bürger stehen, wie das an sich längst im Aktionsplan des zweiten Gipfels der Staats- und Regierungschefs ebenso wie in vielen Berichten der Parlamentarischen Versammlung definiert ist. Es ist übrigens ein besonderer Vorteil des Europarates, daß er eine so starke parlamentarische Dimension hat und die Parlamentarische Versammlung des Europarates tatsächlich als Volksvertretung der Bevölkerung der bald 41 Mitgliedstaaten wirken kann. Hier finden sich wirklich beachtenswerte Vorschläge wie eine neue Strategie der sozialen Sicherheit, Programme für den und zum Schutz der Kinder, gemeinsames Vorgehen gegen Terrorismus, Korruption oder organisiertes Verbrechen und Vorbeugung von Drogenmißbrauch.

Schließlich ist, um die Effizienz zu verbessern und das Potential des Europarates zu optimieren, die Zusammenarbeit mit der Europäischen Union und mit der OSZE zu intensivieren und sind alle möglichen Synergien optimal zu nutzen. In die Arbeit des Europarates als paneuropäisches politisches Forum ist auch die Europäische Union einzubeziehen. Andererseits wäre auch ein Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention, damit man sich auch gegen ihre Instanzen mit Erfolg zur Wehr setzen kann, wünschenswert.

Für mich sind Europarat und Europäische Union Kinder der gleichen Vision, zwei Konzepte, die sich nicht widersprechen, sondern ergänzen und nach wie vor gültig sind.


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