Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 166. Sitzung / 61

auszubauen und damit Impulse zu geben, für vernünftig. Ich denke, daß wir da insgesamt ein riesiges Potential vor uns haben.

Dazu gehört auch die Frage der Finanzierung: einerseits die Frage der Finanzierung einer beschäftigungsorientierten Politik und andererseits die Frage von Finanzierungsstrukturen im Zusammenhang mit einer Politik der finanziellen Entlastung des Faktors Arbeit.

Das Problem, das wir dabei haben, ist, daß bei einer Politik des Steuerwettbewerbs der mobilere Faktor Kapital sich der Besteuerung leichter entziehen kann und die Last der Besteuerung dann zunehmend beim vergleichsweise immobileren Faktor Arbeit bleibt. Daher hat Österreich – und der Herr Finanzminister im speziellen – gerade die Zeit der österreichischen Präsidentschaft dazu benutzt, um die Frage der Steuerharmonisierung massiv auf die Agenda der Europäischen Union zu bringen.

Auch Herr Bundeskanzler Klima hat sich in diesem Sinne für eine europäische Steuerharmonisierung ausgesprochen. Ich betone: Es geht um eine Koordinierung im Steuerbereich, es geht nicht um neue Steuern! Es gilt eben zu verhindern, daß sich die Last der Finanzierung des Staates immer stärker oder nur auf dem Faktor Arbeit niederschlägt. (Demonstrativer Beifall der Abg. Dr. Petrovic.)

Es ist daher auch – und das möchte ich aus aktuellem Anlaß sagen – leider grob irreführend, wenn die FPÖ in ihrer jüngsten Plakatserie für die Wahlen dem Bundeskanzler Klima in einem völlig verzerrten Zusammenhang unterstellt, er wäre sozusagen für neue Europasteuern. Das ist einfach eine schlichte Irreführung! (Abg. Aumayr: Es gibt einen Beschluß im Parlament!)

Worum es geht, ist die Bemühung, durch Steuerkoordinierung im europäischen Bereich zu verhindern, daß es dazu kommt, daß sich der Faktor Kapital immer stärker der Besteuerung entzieht und daher die Last sich immer stärker am Faktor Arbeit niederschlägt. Das ist es, worum es uns geht! (Abg. Aumayr: Eurosteuer! EU-Steuer!)

Wenn Sie von der FPÖ sich gegen diese Politik einer Steuerkoordinierung aussprechen (Abg. Böhacker: Das hat niemand gesagt!), dann muß man sehr deutlich sagen: Das heißt, daß die FPÖ dafür ist, daß es eben de facto zu einer Verschiebung der Steuern zu Lasten der Arbeit kommt. Dann ist die FPÖ dafür, daß es eben de facto keine wirksame Beschäftigungspolitik in Europa geben kann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Wenitsch: Wir sind für Steuersenkungen! Wir wollen den Bürger entlasten!)

Ich muß daher sehr deutlich sagen: In der Form, wie Sie diese Plakatserie begonnen haben, läßt das nichts Gutes für den Europawahlkampf erwarten. Ich kann nur sagen: Diese Aussage ist grob irreführend, und sie wird daher von uns strikt zurückgewiesen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Aumayr: Haben Sie Angst, Herr Kollege? Zu Recht haben Sie Angst!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann zur EU-Erweiterung wirklich nur ein paar Stichworte sagen. Um es mit zwei Sätzen zu sagen: Die finanziellen und wirtschaftlichen Fragen sind, wie ich meine – gerade auch im Hinblick auf die Ergebnisse der Agenda 2000 –, lösbar, wenn auch nur, indem man Vorsicht walten läßt, wenn auch nur mit dem Setzen von Anpassungsfristen; sie sind lösbar.

Das viel größere Problem sind bei den institutionellen Fragen. Es muß uns doch klar sein, daß die Entscheidungsmechanismen der EU schon jetzt an Grenzen gestoßen sind. Ein System, bei dem man in vielen wichtigen Bereichen, zum Beispiel im Bereich der Steuerpolitik, Einstimmigkeit verlangt, ist nicht mehr fortführbar, wenn sich die Zahl der Staaten, die dadurch Blockierungsmöglichkeiten haben, immer mehr vergrößert. (Abg. Aumayr: Korrupt!)

Natürlich ist das auch für Österreich – Sie haben völlig recht, wenn Sie das sagen –, für kleine Staaten und für jeden einzelnen Staat ein Problem. Es ist die Frage, inwieweit wir bereit sind, europäisch zu denken, oder inwieweit man sozusagen den gesamten Integrationsprozeß blockieren will.


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