Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 166. Sitzung / 84

Daher glaube ich, daß – und ich war am Anfang auch ein wenig kritisch wegen des langsamen Tempos der Verhaltenskodexgruppe (Zwischenruf des Abg. Böhacker) – das ganz schwierig ist, und ich bin heute davon überzeugt, daß dort seriöse Arbeit geleistet wird, eine Arbeit, die dazu führen soll, daß bis zum Jahresende der abschließende Bericht dieser Verhaltenskodexgruppe vorliegt, damit dann darüber diskutiert werden kann, wie man das in den Griff bekommt.

Zum zweiten, zur Kapitalertragsbesteuerung, möchte ich auch in aller Deutlichkeit sagen: Es geht halt nicht so einfach, daß sich irgend jemand hinstellt und sagt, daß das koordiniert gehört. Man muß die Geschichte der europäischen Steuersysteme kennen und bedenken. Die Briten und Luxemburger wehren sich nicht gegen eine Kapitalertragsbesteuerung, weil sie so "böse" Menschen sind, sondern weil ihre Kapitalmärkte so strukturiert sind, daß sie befürchten, daß sie dadurch bestimmte Vorteile, die sie anderen gegenüber haben, verlieren. Das ist also nicht so einfach, man muß das gesamte Paket sehen.

Die Luxemburger halten die Unternehmensbesteuerung für ganz wichtig, wobei es da gar nicht darum geht, daß die Körperschaftsteuersätze harmonisiert werden. Der Rat von Wien hat der Kommission den Auftrag erteilt, innerhalb eines Jahres – denn auch das ist eine schwierige Arbeit – zu ermitteln, auf welche Weise in den einzelnen europäischen Staaten die Gewinnermittlungen erfolgen. (Abg. Böhacker: Bemessungsgrundlage!) Denn die KöSt ist ja nur ein äußerer Anlaß. Wenn der Inhalt, der letztendlich zu einer Versteuerung führt, verschieden ist, dann ist es egal, ob der Steuersatz gleich ist. (Abg. Böhacker: Ja, aber das ist ja eine Binsenweisheit!) Nein, das weiß man so einfach nicht. (Abg. Böhacker: Eine Binsenweisheit, daß der Steuersatz immer im Zusammenhang mit der Bemessungsgrundlage steht!)

Oppositionspolitiker wissen immer alles! Aber ich muß Ihnen mitteilen, daß es, will man seriös bleiben, richtig und wichtig ist, daß die Grundlagen der Unternehmensbesteuerungsstrukturen in den einzelnen Ländern – und was das betrifft, gibt es ganz interessante Aspekte, die ich nicht gekannt habe; darauf, daß es sogar europäische Länder gibt, die branchenunterschiedliche Möglichkeiten der Gewinnermittlung kennen, muß man erst einmal kommen – nach dem Gebot der Seriosität und mit einem ganz massiven Tiefgang in der Analyse erhoben werden, bevor man diesbezügliche Maßnahmen setzt, denn sonst blamiert man sich.

Der dritte Bereich, den ich ebenfalls für sehr wichtig halte, ist die Energiebesteuerung. Es ist überhaupt keine Frage – das habe ich immer vertreten, und das ist auch gleich eine Antwort auf eine Frage, die heute noch nicht gestellt worden ist –, daß wir in der österreichischen Steuerreform nur einen, wie ich meine, sehr zaghaften, wenn überhaupt als solchen definierbaren Schritt der Ökologisierung gemacht haben. Dies geschah deshalb, weil ich – und das sage ich auch ganz offen – wirklich davon überzeugt bin, daß bei diesem Thema gesamteuropäisches Handeln notwendig ist, wenn wir verhindern wollen, daß es zu Wettbewerbsverzerrungen für die Wirtschaft kommt, es sei denn, man legt für die Wirtschaft so viele Ausnahmen fest, daß praktisch nur noch der private Konsument eine solche Ökosteuer zahlt. Wenn man diesem dann einen Ökobonus gibt, muß ich mich am Ende fragen, warum wir das überhaupt tun, denn dann bleibt nichts übrig.

Daher ist das ein ernstes, ein wichtiges Thema einer gesamteuropäischen Politik, über das man auch ausführlich reden muß, weil vor allem manche Kohäsionsländer selbstverständlich sagen, daß durch eine Energiebesteuerung in ihren aus ihrer Sicht ohnehin unter schwierigen Wettbewerbsbedingungen operierenden Unternehmungen zusätzliche Probleme entstehen könnten, weshalb sie meinen, daß sie derzeit noch nicht in der Lage sind, massive Schritte in diese Richtung zu setzen.

Bei der Mehrwertsteuer muß – das ist ganz richtig – das Prinzip Ursprungsland – Empfängerland im Mittelpunkt stehen. In dieser Frage sind wir jedoch aufgrund unterschiedlicher Interessen nicht in der Lage, innerhalb einer absehbaren Zeit zu einer endgültigen Entscheidung zu kommen, es sei denn, wir verlassen das Prinzip der Einstimmigkeit.

Und dazu sage ich jetzt auch ganz ernsthaft, meine sehr verehrten Damen und Herren: Das Prinzip der Einstimmigkeit hat sehr viele Vorteile, und man muß gerade als kleineres Mitglieds


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