Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 166. Sitzung / 178

20.32

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Herr Direktor Kaufmann hat – wie man landläufig sagt – hier am Rednerpult einen Eiertanz vollzogen, weil sich in Wirklichkeit die sozialistische Fraktion in der Arbeiterkammer darüber uneinig ist, wie sie sich verhalten soll. Das zeigt allein das Stimmverhalten: Die Arbeiterkammer Wien ist für ein passives Wahlrecht der türkischen Ausländer, und die Bundesarbeitskammer ist dagegen. Das zieht sich quer durch die gesamte Partei, aber nicht aus ideologischen oder rechtlichen Überlegungen, sondern ausschließlich deswegen, weil Sie Angst vor dem Wähler haben. Würden wir nicht unmittelbar vor Arbeiterkammerwahlen stehen, dann wäre die SPÖ meiner Meinung nach dazu geneigt, alle Rechte im Rahmen einer gesetzgebenden Körperschaft, wie sie die Arbeiterkammer darstellt, zu öffnen.

Ich halte es für bedenklich, daß wir in Österreich leichtfertig damit umgehen, daß es heute einzelne Gruppen gibt, die allen Ausländern dieselben Rechte wie der heimischen Bevölkerung einräumen wollen. Gegen Rechte der Ausländer ist so lange nichts zu sagen, als die österreichischen Arbeitnehmerrechte nicht eingeschränkt werden. Aber wenn wir dazu übergehen, die ethnischen Konflikte und die Sozialkonflikte, die nun einmal Realität sind, auch im Arbeitnehmerparlament zuzulassen, dann habe ich durchaus meine Bedenken.

Ich habe auch meine Bedenken gegen die Formation der Arbeiterkammer insgesamt. Herr Abgeordneter Kaufmann! Ein Argument sticht mit Sicherheit nicht: Wenn Sie sagen, daß 130 Beratungen alljährlich in der Arbeiterkammer Niederösterreich stattfinden, dann mag die Zahl zwar stimmen. Darunter sind aber sehr viele, die keinen Beitrag leisten und keine Mitglieder der Arbeiterkammer, sondern Pensionisten, Selbständige oder ehemalige Arbeitnehmer sind. Und ich meine, es wäre einmal an der Zeit, auch darüber nachzudenken! Denn Sie treten für die Zwangsmitgliedschaft ein, mißbrauchen diese aber letztlich dafür, um die Arbeiterkammer großzügig auftreten zu lassen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kaufmann.)

Wir haben am Samstag ja die großzügigen Spendenaktionen des Arbeiterkammerpräsidenten und des ÖGB-Präsidenten miterleben dürfen! (Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch.) Da war aber kein einziger Schilling aus der Tasche des Herrn Verzetnitsch, sondern das waren Beiträge von Zwangsmitgliedern, wobei Sie nicht ein einziges Mitglied gefragt haben, ob es in Ordnung ist, daß die Arbeiterkammer 600 000 S für den Kosovo spendet. (Abg. Verzetnitsch: Freiwillige Mitglieder!) Wenn Sie so großzügig sind, dann möchte ich meinen, daß Sie das aus Ihrer eigenen Tasche zahlen sollten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mißbrauchen Sie nicht die Situation einer kriegerischen Auseinandersetzung dafür, PR für ein Unternehmen zu betreiben, das das überhaupt nicht notwendig hat, das seine Legitimation in der gegenwärtigen Form längst verloren hat. Denn erstens wäre es wichtig, die Zwangsmitgliedschaft aufzuheben. Denn dann würde sich wahrscheinlich auch das Problem jener bei den Wahlen ändern, die sicher durchaus freiwillig dazu bereit wären, Beiträge zu leisten. Dann kann man darüber nachdenken. Aber solange es Zwangsbeiträge in Österreich gibt, kann es nicht sein, daß Nicht-EU-Bürger ein passives Wahlrecht erhalten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.36

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

20.36

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Diese heutige erste Lesung ist so erhellend wie alle bisherigen ersten Lesungen zu diesem Gegenstand. Es ist keine besondere Leistung, vorherzusagen, daß diese Initiative dasselbe Schicksal erleiden wird wie ihre Vorgängerinnen, nämlich schlußendlich nach lustlosen Beratungen im zuständigen Ausschuß keine Mehrheit zu finden.

Ich bedauere jetzt schon, daß der Antrag des Kollegen Öllinger wahrscheinlich dasselbe Schicksal erleiden wird. Vielleicht hat er Glück, und es kommt im Ausschuß zu keiner Abstimmung mehr. Dann wird sich das durch den Ablauf der Legislaturperiode erledigen.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite