Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 166. Sitzung / 189

Es wurde in der internen Debatte in seinem Institut immer wieder versucht, diese Ergebnisse nicht an die Öffentlichkeit zu bringen. Denn das Institut hatte auch Gelder von der Industrie bekommen, und man hat eben deshalb immer wieder versucht, besser nicht an die Öffentlichkeit zu gehen. Erst als es aus seiner Sicht – das hat er auch in dem Hearing in den Ausschüssen in Westminster gesagt – einfach nicht mehr möglich war, überhaupt eine interne Debatte zu initiieren, ist er an die Öffentlichkeit gegangen und hat versucht, auf das Thema aufmerksam zu machen.

Die Folgen waren fatal, vor allem für die Gentechnikindustrie. Sie wurde dabei ertappt, wie sie nicht nur ein Ergebnis verhindern wollte, sondern wie sie auch einen Wissenschaftler persönlich, in seiner Existenz, in seiner gesamten wissenschaftlichen Karriere bedroht hat. Das hat dort einen so gegenteiligen Effekt gehabt, daß in Großbritannien ein Moratorium für Freisetzungen nicht nur sehr ernsthaft diskutiert, sondern auch für die nächsten drei Jahre noch einmal verlängert worden ist. Ähnlich liegt es, wie Sie wissen, in Frankreich und in Indien.

Da Sie auch die Frage der Entwicklungsländer kurz angesprochen haben: In Indien gibt es eine große Kampagne gegen Monsanto, und zwar deshalb, weil von der Gentechnikindustrie eben gerade nicht versucht wird, die von Ihnen angesprochenen Pflanzen zu züchten, die unter den besonderen Bedingungen in Indien – weniger Wasser oder weniger Rohstoffeinsatz oder weniger Pestizideinsatz et cetera – möglicherweise gedeihen würden, sondern weil dort im Gegenteil genau das gleiche wie in Westeuropa versucht wird: Saatgut plus Pestizid plus Vertrag mit dem Farmer und totale Abhängigkeit.

Das ist das Muster, vor dem wir stehen. Wir stehen derzeit im Lebensmittelbereich nicht einer Gentechnikindustrie gegenüber, die irgendwelchen altruistischen Zielen folgt. Nein, das Gegenteil ist der Fall! Es geht dort um Gewinnmaximierung, es geht um ziemlich große Macht gegenüber den Farmern, gegenüber den Bauern, und es geht darum, sie in starke Abhängigkeitsverhältnisse zu bringen. Das kann doch um Gottes willen nicht der richtige Weg sein! (Abg. Dr. Leiner: Aber das hat nichts mit der Gentechnik zu tun!) Das hat sehr viel mit der Gentechnik zu tun, denn da geht es genau um diesen Bereich, um Monsanto und so weiter. Es geht genau um den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft.

Deshalb ist unsere Forderung gerade aufgrund der Ereignisse, die in Großbritannien in den letzten Wochen stattgefunden haben, und deshalb sind auch die Forderungen des Gentechnik-Volksbegehrens umso berechtigter: keine Freisetzungen in Österreich, sondern ein Moratorium, nicht nur für heuer – das ist ein Wahljahr, ich weiß, heuer werden keine Freisetzungen in Österreich erfolgen –, sondern für mehrere Jahre, Frau Ministerin; kein Essen aus dem Genlabor – das war eine Forderung des Gentechnik-Volksbegehrens – und kein Patent auf Leben – das war eine weitere Forderung des Volksbegehrens, das heute aktueller denn je ist.

Ich bitte Sie wirklich, zu akzeptieren und zu respektieren, daß die Wissenschaft nicht interessenfrei ist und daß man deshalb, wenn man über ein Thema seriös diskutieren will – ich habe mich immer sehr bemüht, auch bei der Gentechnik, relativ emotionsfrei, rational und seriös zu diskutieren –, verschiedene Wissenschaftler braucht, die sich mit dem Thema beschäftigen: nicht nur Befürworter, sondern auch Kritiker, die von Anfang an in die entsprechenden wissenschaftlichen Ausschüsse eingebunden werden und die auch in die Gentechnikkommission mehr als bisher eingebunden werden.

Frau Ministerin! Ich hoffe sehr, daß es Ihnen gelingen wird – das wird nicht mehr in dieser Legislaturperiode sein, aber ich hoffe sehr, daß ein neuer Anlauf in der nächsten Legislaturperiode gelingen wird –, eine Gentechnikkommission zustande zu bringen, die ausgewogener zusammengesetzt ist und die ein Diskussionsniveau liefert, das es auch dem Hohen Haus erlaubt, mehr, rationaler, seriöser und weniger auf reine Populistik bedacht zu diskutieren. – Danke. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

21.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte.


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