Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 166. Sitzung / 197

kostladen bedeutet, kann sich, glaube ich, jeder selbst ausmalen. Diese veränderten Gene können aber auch auf Bodenbakterien übertragen werden und dort eine völlig unkontrollierte Kettenreaktion mit unabsehbaren Konsequenzen auslösen.

Frau Minister! Gentechnik in der Landwirtschaft nützt nur den Konzernen. Pflanzen sollen an industrielle Bedürfnisse angepaßt werden, um Fertigungsprozesse zu beschleunigen. Die Rationalisierung der Natur zur Gewinnsteigerung ist das erklärte Ziel. Für den Konsumenten und die Bauern bringen diese genmanipulierten Pflanzen keinerlei Vorteile. Im Gegenteil: Überproduktion – und dies ist auch an die Adresse der Agrarvertreter hier gerichtet – bringt sicherlich einen weiteren Preisverfall. Und bis heute konnte den Konsumenten eigentlich niemand plausibel erklären, wozu wir die neuen Gentech-Lebensmittel überhaupt brauchen und warum wir ein derart unkalkulierbares Risiko eingehen sollen.

Neue Jobs durch Gentechnik wird es vielleicht im Pharmabereich geben, aber sicherlich nicht in der Landwirtschaft. – Dies besagt eine Studie des renommierten Schweizer Wirtschaftsforschungsinstituts Prognos. Würde man vergleichen, wie viele Arbeitsplätze durch Bio- und Gentechnik geschaffen und wie viele überflüssig werden, dann könnte man sagen, daß es im Prinzip bei der Gentechnik unter dem Strich um Arbeitsplatzvernichtung geht. – Das stammt nicht nur von mir. So argumentiert Studienautor Gerhard Becher, der das Beispiel der Stärkekartoffel anführt. Diese Stärkekartoffel enthält durch die Genmanipulation doppelt soviel industriell verwertbare Stärke wie herkömmliche Kartoffeln. Das sagt Herr Becher. Allerdings wird dann natürlich von der Anbaumenge her gesehen nur mehr die halbe Menge an Kartoffeln benötigt, und um diese in Zukunft zu erzeugen, braucht man natürlich auch nur mehr halb soviel Bauern. Das ist eine Kettenreaktion, meine sehr geehrten Damen und Herren, und ich als Bauernvertreter und als Vertreter aller Konsumenten – denn ich bin auch selbst ein Konsument – kann von diesem Risiko nicht sehr viel halten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was ist eigentlich wirklich das erklärte Ziel dieser Agrarindustrie? – Man will die Konkurrenz ausschalten. Und die Regierungen aller Länder inklusive der österreichischen mit unserem Herrn Minister Molterer werden diesen Konzernen und dieser Agrarindustrie in letzter Zeit immer mehr hörig. Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang ist im Bereich der Landwirtschaft und der Nahrungsmittelindustrie Schlimmes zu befürchten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kaipel. – Bitte.

21.55

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich mit meinen Ausführungen in die Reihe der Vorredner einordnen, die zum Thema Gentechnik gesprochen haben.

Dieser breite Themenkomplex, der auch in Österreich seit Jahren durchaus kontroversiell diskutiert wird, ist in diesem ersten Bericht der Gentechnikkommission erstmals zusammengefaßt und vorgelegt worden. Nicht sonderlich überraschend ist es daher, daß sich auch in den Ausführungen und Stellungnahmen der Mitglieder der Gentechnikkommission jene wesentlichen Auffassungsunterschiede widerspiegeln, die ich vorher betreffend die gesellschaftspolitische Diskussion bereits erwähnt habe. In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die ausgewogene Besetzung dieser Kommission hinweisen. Dieses Faktum trägt meiner Ansicht nach nicht unwesentlich sowohl zur Akzeptanz als auch zur hervorragenden Qualität dieses Berichtes bei.

Die oppositionelle Kritik betreffend Einseitigkeit des Berichtes ist nicht nachvollziehbar, und ich halte dazu fest, daß die Arbeiten nicht abgeschlossen sind, sondern daß es weitere Beratungen und Berichte geben wird und daß die offenen Fragen der Gentechnik nicht so schnell umfassend beantwortet sein werden. Daher ersuche ich alle Kritiker, die Wissenschaftler arbeiten zu lassen, ohne permanent medialen Druck auf sie auszuüben!

Grundsätzlich muß man festhalten, daß Österreich in der Frage der Gentechnik wahrscheinlich sogar auch aufgrund der zum Teil sehr heftig geführten Diskussionen in unserem Land bisher


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