Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 168. Sitzung / 52

nennen es alle einen "tragischen Vorfall" – Tod eines Menschen schreibt, daß die Polizei der Aufgabe der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, und zwar genau in dieser Frage, nachgekommen ist und gerecht geworden ist?

Herr Bundesminister! Sie profitieren von einer Stimmung der Inhumanität. Sie profitieren von verbohrten Vorurteilen. Sie profitieren von einem mangelnden Rechtsstaatsbewußtsein in diesem Land. Deswegen, Herr Minister, können wir Ihnen nicht mehr das Vertrauen aussprechen, und daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Heide Schmidt, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und KollegInnen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Dem Bundesminister für Inneres wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG das Vertrauen versagt."

*****

(Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

18.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Dr. Schmidt! Nur zur Klarstellung: Der Antrag, den Sie am Schluß erwähnt haben, ist ein ... (Abg. Dr. Schmidt: Selbständiger Antrag!) ... Selbständiger Antrag, den Sie eingebracht haben. – Gut. Danke vielmals.

Ich erteile jetzt Frau Abgeordneter Mag. Stoisits das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.03

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grόne): Dobar večer! Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Seit vorigem Sonntag versichern maßgebliche Spitzenbeamte des Innenressorts, aber auch Sie, Herr Bundesminister, immer wieder – jetzt gerade sind Sie angesprochen – für mich persönlich durchaus und absolut glaubwürdig, daß der Tod von Marcus Omofuma eine tragische, bedauernswerte Sache für das Ressort sei und ein tragischer Einzelfall.

Herr Bundesminister! Auch die heutige Debatte soll nicht in erster Linie dazu dienen, die Glaubwürdigkeit von Beteuerungen in irgendeiner Weise zu diskutieren oder in Frage zu stellen. Das Beteuern, daß das tragisch ist, daß es Ihnen leid tut, daß Sie lieber hätten, es wäre nicht geschehen, ist ja etwas, was für mich – ich kenne Sie jetzt schon viele Jahre, ja Jahrzehnte – vollkommen klar ist. Denn bitte stellen wir uns vor, es täte Ihnen nicht leid, daß das passiert ist! Deshalb, Herr Bundesminister, ist es nach zehn Tagen irgendwie müßig, daß immer wieder, daß 20mal gesagt wird, wie tragisch das ist, daß aber praktisch im selben Satz immer auch gesagt wird: Aber die Beamten! Und die Sicherheitsexekutive! Und eigentlich ist es ja ohnehin so super in Österreich.

Herr Bundesminister! Irgendwann muß damit Schluß sein! Irgendwann muß auch von Ihnen, Herr Bundesminister, vor allem, wenn Sie es menschlich und persönlich tragisch finden, aber auch politisch im Sinne Ihres Weltbildes – Sie sind Sozialdemokrat, und Sie bezeichnen sich ja auch selbst als solcher – daraus eine Konsequenz gezogen werden. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Herr Bundesminister! Ich zweifle auch nicht an der wirklich ehrlichen Absicht, die Sie hatten, als Sie, wie Sie heute berichtet haben, dem Herrn Bundeskanzler Ihren Rücktritt angeboten haben. Aber Sie haben das schon mit Absicht gemacht – ich zweifle nicht daran, daß Sie es getan haben, Sie haben es heute hier berichtet –, es hat schon seinen Grund gehabt, daß Sie diese Konsequenz ziehen wollten. Aber, Herr Bundesminister, wenn es so ist, daß man Sie mit Argumenten, die offenbar besser waren als jene, die Sie Ihren eigenen Überlegungen zugrunde


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