Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 52

Das erste: Selbstverständlich ist der Bericht sehr gut und sehr verständlich gemacht. Er hat nur viele Lücken. Das einzige, was ich über die österreichische Außenpolitik sagen kann, ist, daß es die Farbe dieser Außenpolitik eigentlich nur mehr auf dem Cover dieses Berichtes gibt. – Die Farbe dieser Außenpolitik ist nämlich eigentlich überhaupt nicht mehr vorhanden. Wir hatten einmal eine schillernde Außenpolitik. Österreich hatte einmal eine schillernde Rolle innerhalb Europas zu spielen, und wir hatten einmal einen Konsens in außenpolitischen Fragen in diesem Hause. – Jetzt hingegen gibt es bei den meisten Materien, die eigentlich sehr wichtig sind, keinen Konsens mehr in diesem Hause, und das halte ich für sehr schade. Die Außenpolitik dient als Streitmaterie nicht nur zwischen den Regierungsparteien, sondern überhaupt zwischen allen Parteien dieses Hauses. Ich darf dazu Herrn Rohan aus der heutigen Ausgabe der "Presse" zitieren:

"Wir würden uns wünschen, daß die Außenpolitik überparteilich ist und nicht Gegenstand von Kontroversen zwischen den Parteien."

Wir haben nicht den Anfang gesetzt! Den Anfang, den haben andere gesetzt. Warum ist es möglich, daß man in den Ministerrat mit einer Liste von Botschaftern kommt, ohne daß die Botschafterposten überhaupt ausgeschrieben worden sind? – Ein bemerkenswerter Vorgang. Also offensichtlich ist Parteipolitik in der Bundesregierung auf der Ebene der Botschafter wichtiger, als einmal festzustellen, wer sich überhaupt für welchen Posten bewirbt.

Bemerkenswerte Aktivitäten sind auch: Wie tausche ich einen schwarzen Kommissar gegen einen roten Kurator aus – oder umgekehrt? Wie balanciere ich das ganze Spiel, das wir jetzt in Österreich beobachten können? Es kommt nur mehr zu einer Lähmung dessen, was notwendig wäre, nämlich eine dynamische, kreative Mannschaft in der Außenpolitik zu haben, die froh ist, abseits von jedem parteipolitischen Hickhack eingesetzt zu werden? Sie schaden dem diplomatischen Dienst mit dem, was Sie tun, und Sie schaden der österreichischen Außenpolitik mit dem, was Sie tun. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es ist bemerkenswert, daß der österreichische Botschafter in Madrid, der eigentlich seit weit über einem halben Jahr in Pension gehen sollte, unter den fadenscheinigsten Argumenten nicht in Pension gehen darf. Man hat gesagt – Herr Bundesminister, Sie haben mir das gesagt –, man brauche ihn zu Verhandlungen der Agenda 2000, weil er so einen guten Draht zum spanischen Königshaus hat. – Ich muß Ihnen sagen, der spanische König hat in der Diskussion der Agenda 2000 überhaupt keine Rolle gespielt. (Vizekanzler Dr. Schüssel: Das habe ich auch nicht gesagt! – Abg. Tichy-Schreder: Frau Dr. Gredler! Sie haben keine Ahnung!) Das haben Sie gesagt, das habe ich mitgeschrieben, das kann ich Ihnen zeigen. (Abg. Schwarzenberger: Das war sicher ein Traum von Ihnen!) Ich habe ein gutes Gedächtnis, und daher weiß ich, wovon ich rede.

Erklären Sie mir, warum dieser Mann seit über einem halben Jahr nicht in Pension gehen darf! Ist es nicht so, daß Ihre Staatssekretärin Ferrero-Waldner gerne diesen Posten hätte, da sie unter Umständen aus dieser Bundesregierung ausscheiden muß? (Vizekanzler Dr. Schüssel: Nein! – Abg. Kiss: So etwas Hanebüchenes!) Wenn das so ist, dann sagen Sie es! Natürlich ist eine Staatssekretärin eine Person, die auf Botschafterebene sehr gut verwendbar ist, das will ich überhaupt nicht anzweifeln. Aber tun Sie doch nicht so, als wären junge Kollegen nicht fähig, diesen Posten in Madrid zu bekleiden! Sie haben genügend Leute in Ihrem Hause, die die entsprechenden Fähigkeiten hätten. Stellen Sie doch diese Parteipolitik auf der Botschafterebene ab! Es schadet allen, und es nützt uns überhaupt nicht. (Abg. Tichy-Schreder: Ihre Gedankenwelt ist erschreckend!)

Sie von der ÖVP sind ja nicht die einzigen, die SPÖ macht ja bei diesem Spielchen mit. Ich will da der SPÖ gar keinen Heiligenschein umhängen. Es gehören in einer solchen Angelegenheit immer zwei zum Spielen dazu. Ich halte das für das eigentliche Versagen der Bundesregierung. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Abgesehen von dieser Packelei, die es auf der Ebene der Botschafterposten gibt, gibt es auch interessante Entwicklungen: Wir sind in der Europäischen Union jetzt in einer Phase, in welcher


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite