Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 171. Sitzung / 76

Frau Ministerin! Die Qualifizierungen stellen ein eigenes Problem dar. Ich möchte Ihnen nur ein einziges Beispiel erzählen.

Ein junger Mann, der jetzt erfahren hat, daß er eine Muskelbehinderung hat, hat einen HAK-Abschluß mit Matura. Da er keinen Arbeitsplatz bekommen hat, wurde er zu einer Qualifizierungsmaßnahme für Erwachsene geschickt. Dieser junge Mann hat zweimal den Raum verlassen und auf die Tür geschaut, ob er denn wirklich im richtigen Raum gelandet ist, denn in diesem Raum war es nicht einmal möglich, auf einem PC zu arbeiten. – Und das ist eine Maßnahme für jemanden mit Matura!

Vergessen Sie diese Maßnahmen, die Sie da gesetzt haben, sie sind sinnlos, sie sind entwürdigend für behinderte Menschen! (Beifall bei den Grünen.)

Frau Ministerin! Ich frage Sie: Wie wollen Sie diese Maßnahmen finanzieren? – Sie wissen, daß im März 1999 die Agenda 2000 beschlossen wurde, und Sie wissen, daß die Mittel des Europäischen Sozialfonds in den Jahren 2000 bis 2006 von 43 Milliarden Euro auf 24 Milliarden Euro insgesamt gesenkt werden. (Bundesministerin Hostasch: Stimmt ja nicht! – Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Frau Ministerin! Schon jetzt bieten Sie nichts an, was den behinderten Menschen etwas bringt, und in Zukunft werden Sie das auch nicht können, weil Sie dann nicht einmal mehr jene geringen Mittel haben, die Sie jetzt noch verteilen können. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steibl: Ich wundere mich, in der Steiermark gibt es auf einmal 500 Millionen mehr aus diesem Titel!)

Frau Ministerin! Wer ist denn schuld an der hohen Arbeitslosigkeit unter den Behinderten? – Ich sage es Ihnen: diese Bundesregierung! (Ruf bei der SPÖ: Gehen Sie! Hören Sie auf! – Die Abgeordneten Dr. Partik-Pablé und Meisinger: Sie hat ja vollkommen recht!) Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, sind dafür verantwortlich (Beifall bei den Grünen), daß die Ausgleichstaxe noch immer 2 000 S beträgt und nicht das Zehn- oder Zwanzigfache dieses Betrages. Sie sind dafür verantwortlich! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Kümmert euch einmal um die Behinderten!)

Schauen Sie sich das Behinderteneinstellungsgesetz an, damit haben Sie behinderte Menschen mehr oder weniger aus dem Arbeitsmarkt geschmissen. Sie sind es, meine Damen und Herren, die das auch in Zukunft fortsetzen wollen, denn Sie schreiben in Ihr Papier, daß man die Einstellungspflicht und den Kündigungsschutz für behinderte Menschen aufweichen soll, weil er angeblich anstellungshemmend ist. Wissen Sie, was dann passieren wird? – Die paar behinderten Menschen, die heute noch Arbeit haben, werden dann letztendlich auch rausfliegen.

Dieses Ergebnis und die Situation hinsichtlich der Beschäftigung von behinderten Menschen haben Sie, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, zu verantworten! (Beifall bei den Grünen.) Sie haben zu verantworten, daß 100 000 behinderte Menschen arbeitslos sind und mindestens dieselbe Zahl nicht einmal als arbeitslos registriert ist! – Danke. (Anhaltender Beifall bei den Grünen.)

13.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.03

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Wirtschaft schafft Arbeit – ich würde meinen: Nur die Wirtschaft schafft Arbeit! Daher ist das zentrale strategische Ziel der Volkspartei in der Beschäftigungspolitik eine offensive Standortpolitik. Wir müssen ein Wirtschaftsklima schaffen, in dem Betriebe gedeihen können. Wir müssen ein Wirtschaftsklima schaffen, in dem junge Leute bereit sind, Betriebe zu gründen oder zu übernehmen, denn Österreich braucht die Unternehmer. Immerhin schafft jedes neue Unternehmen im Schnitt dreieinhalb Arbeitsplätze.


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