Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 171. Sitzung / 180

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. Freiwillige Redezeitbeschränkung: gleichfalls 5 Minuten.

20.10

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Schieder! Es wird niemand sagen, er hat das Gesetz selbst gemacht, denn das Schöne bei derartigen Anträgen ist, daß sie das Ergebnis gemeinsamer Bemühungen sind und daß sie sehr oft erst aus einem Arbeitsprozeß heraus erwachsen, weil auch behinderte Menschen manchmal gar nicht glauben können, daß sie so etwas verlangen dürfen. Ich meine daher, daß dieser heutige Beschluß, Blinden das eigenverantwortliche und selbständige Wählen zu ermöglichen – ein Beschluß, der immerhin 2 Millionen Schilling kostet –, ganz wichtig ist, und zwar deshalb, weil es keine Frage der Kosten sein darf, ob die Menschenrechte für behinderte Menschen eingehalten werden oder nicht.

In diesem Sinne bin ich sehr froh darüber, daß dieser weitere Schritt hin zu einer Gleichstellung behinderter Menschen heute vollzogen werden kann, wissend, daß es nur ein kleiner weiterer Schritt ist und daß es noch vieler Schritte bedarf, um all jene Ziele zu erreichen, die wir uns gemeinsam gesetzt haben.

Als wir im vergangenen Jahr den Artikel 7 des Bundes-Verfassungsgesetzes dahin gehend geändert haben, daß wir in Österreich in allen Bereichen gegen Diskriminierung behinderter Menschen aufzutreten haben, hat das Bundeskanzleramt eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die die Durchforstung der österreichischen Gesetze nach behindertendiskriminierenden Maßnahmen zum Ziel hatte. Es hat sich nach mehr als zwölf Monaten Arbeit an dieser Durchforstung gezeigt, daß es eine Fülle von diskriminierenden Bestimmungen gibt, daß diese nur eine von vielen ist und daß es noch einer Reihe von Anträgen und einer konsequenten Arbeit bis hin zu einem –hoffentlich – Gleichstellungsgesetz, einem Antidiskriminierungsgesetz bedürfen wird, um diese tatsächliche Gleichstellung auf gesetzlicher Ebene zu erreichen.

Meine Damen und Herren! Wir alle wissen aber: Mit Gesetzen allein ist es nicht abgetan. Es gilt auch die Barrieren in den Köpfen und Herzen abzubauen, damit behinderte und nicht behinderte Menschen einander besser verstehen und einander tatsächlich partnerschaftlich begegnen.

Ich glaube, daß wir in diesem Sinne in den nächsten Jahren sehr gut miteinander arbeiten sollten und daß wir noch sehr viel zu tun haben. Wenn es gelingt, in diesem Sinne weiterzuarbeiten, dann wird es uns auch gelingen, unser Ziel zu erreichen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Lafer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

20.13

Abgeordneter Franz Lafer (Freiheitliche): Sehr geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Es ist schön, wie Sie, Herr Kollege Schieder, gesagt haben – es ist wirklich ein bißchen Wahrheit daran –, daß wir dieses Gesetz heute gemeinsam beschließen. Ich habe mir, da es ein Fünfparteienantrag ist, die Mühe gemacht, einmal zu hinterfragen, von wann diese Initiative denn überhaupt stammt, und da kann ich auf eine Pressemeldung vom 28. März 1992 von meiner Kollegin Dr. Partik-Pablé verweisen, in der das schon gefordert worden ist. Aber das soll nicht dazu dienen, diesen Entwurf als unseren Erfolg zu reklamieren (Abg. Schieder: Andere haben Beweise aus den siebziger Jahren! Dieser Streit führt zu nichts! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber man freut sich, wenn man es bringen kann!), sondern es war nur interessant, auch in dieser Frage die eigentlichen Initiativen zu ergründen.

Ich glaube – und ich denke, so sieht es auch meine Fraktion –, daß wir damit blinden und sehbehinderten Menschen erstmals wirklich die Möglichkeit geben, ihr demokratisches Recht alleine wahrzunehmen. Damit möchte ich aber auch sagen, daß gerade Sie von den Regierungsparteien ÖVP und SPÖ Ihre Hausaufgaben noch lange nicht erledigt haben. Frau Kollegin Rauch-


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