Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 23

kratischen Abgeordneten – denn Sie wissen doch, daß diese Legislaturperiode bald zu Ende geht, Sie wissen, daß die Herstellung eines echten Einvernehmens darüber nur mehr kurze Zeit möglich ist –: Sind Ihre Ankündigungen auf den Plakaten, die österreichische Neutralität zu sichern, nur von so kurzem Bestand, daß Sie jetzt, im Sommer, sagen, die Bundesregierung werde das schon entscheiden? Wird es dann vielleicht einen telefonischen Rundruf bei den Mitgliedern des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses geben?

Meine Damen und Herren! Die echte Herstellung eines Einvernehmens darüber – und das wissen Sie genau – ist jetzt nicht mehr möglich!

Ich konstatiere daher: Man setzt österreichische Soldaten einem sehr, sehr hohen Risiko aus, einem Risiko, das aufgrund der Parteinahme Österreichs in der Vergangenheit als ganz besonders hoch zu bezeichnen ist. Österreich wird dort nicht mehr als neutraler Vermittler erlebt, sondern Österreich hat sich in den Chor der Siegesrufer eingegliedert.

Vor allem was die Sozialdemokratie anlangt, bedauere ich und bekümmert es mich, daß die Ankündigungen auf den Plakaten, die Neutralität zu sichern – das hieße wohl auch: faire Verhandlungen mit dem Parlament, mit dem Hauptausschuß zu führen, ein Einvernehmen darüber ernsthaft anzustreben –, offenbar nur Ankündigungen auf Plakaten waren, die das Papier, auf dem sie gedruckt wurden, nicht wert sind. (Beifall bei den Grünen.)

9.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf nunmehr den Herrn Vizekanzler und Außenminister bitten, zum Gegenstand der Aktuellen Stunde Stellung zu nehmen. Auch in diesem Falle soll die Redezeit 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Vizekanzler.

9.12

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben uns Monate, bevor der Konflikt voll ausgebrochen ist, um eine friedliche Lösung bemüht – das brauche ich, glaube ich, hier nicht extra zu betonen. Am 24. März 1999 kam es – mit dem Beginn der Bombardements auf Jugoslawien und den Kosovo – innerhalb Jugoslawiens zu kriegerischen Konflikten, die – das muß man auch dazu sagen – Opfer, und zwar sowohl militärische als auch zivile, gefordert haben. Zwischenzeitlich haben wir uns immer wieder im Rahmen der Europäischen Union, im Rahmen der Staatengemeinschaft – ich nenne in diesem Zusammenhang nur Kofi Annan und die UNO – dafür eingesetzt, daß es zu einer friedlichen Lösung kommt.

Es ist nicht richtig, Frau Abgeordnete Petrovic, daß eine UNO-Resolution nicht gewünscht war. Alle wollten eine UNO-Resolution! Das Problem der mangelnden Einstimmigkeit im UNO-Sicherheitsrat war allerdings, daß zwei ständige Sicherheitsratsmitglieder das Zustandekommen einer solchen Resolution unter Kapitel 7 von der Zustimmung Belgrads abhängig gemacht haben.

Durch die Bemühungen des finnischen Präsidenten Martti Ahtisaari, durch jene Viktor Tschernomyrdins und Strobe Talbotts im Hintergrund ist es dann vor zehn Tagen zu einer solchen Zustimmung zu den Prinzipien der G 8 und der Weltgemeinschaft in Belgrad gekommen. Diese Prinzipien sind allerdings nicht neu, diese Prinzipien hätte man genausogut im März, im Februar, im Jänner dieses Jahres oder im Herbst vergangenen Jahres akzeptieren können. Belgrad war aber damals nicht dazu bereit, und daher waren auch zwei ständige Sicherheitsratsmitglieder der UNO nicht bereit, eine Resolution zu beschließen.

Die Situation hat sich jetzt – Gott sei Dank! – geändert: Es gibt die UNO-Resolution 1244, und zwar unter dem Kapitel VII, in dieser wird von der Bundesrepublik Jugoslawien die sofortige und überprüfbare Beendigung der Gewaltanwendung verlangt, ebenso der vollständige und schleunige Abzug aller – ich betone: aller! – militärischen Polizeieinheiten und paramilitärischen Kräfte. Synchron dazu soll es eine internationale Sicherheitspräsenz geben, soll die KFOR einrücken. Damit ist eine internationale Sicherheitsorganisation und Präsenz im Kosovo ausdrücklich autorisiert.


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