Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 41

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. (Abg. Dr. Graf: Können wir auf den Minister warten? Es ist überhaupt niemand da von der Bundesregierung!) – Wie ich den Herrn Justizminister kenne, kann es sich nur um eine kleine Verzögerung handeln. (Bundesminister Dr. Michalek betritt den Sitzungssaal.) – Ich kenne den Herrn Justizminister richtig. Er ist schon da. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.23

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Um eine gesellschaftspolitische Debatte – und darum handelt es sich beim Eherecht und der Eherechts-Novelle – führen zu können, muß man einige Dinge auch in diesem Hause klar ansprechen. Man muß einmal feststellen, daß Österreich nach wie vor ein katholisches Land ist und die Bevölkerung mit überwiegender Mehrheit den christlichen Werten verbunden ist.

Frau Kollegin Fekter! Zu diesen Werten gehören nach wie vor Treue und Anstand. Diese Werte laufen an sich mit dieser Regierungsvorlage Gefahr, daß man sie vergißt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, es ist in diesem Zusammenhang besonders wichtig zu erwähnen, daß diese Regierungsvorlage nach einer langen Diskussion im Ministerium und in den Ausschüssen ein Kompromiß ist, bei dem man letztendlich dem feministischen Zeitgeist, der noch dazu links ist, gefolgt ist. Das ist nicht gut und nicht richtig und wird sicherlich von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! 90 Prozent der Bevölkerung haben tatsächlich kein Verständnis für die Aufhebung des absoluten Scheidungsgrundes "Ehebruch". Aber 90 Prozent der Bevölkerung in Österreich haben auch kein Verständnis für die Gewährung eines verschuldensunabhängigen Unterhaltes. Den schuldig Geschiedenen, den Ehe- und Vertragsbrüchigen zu belohnen, ist für die Freiheitlichen nicht akzeptabel! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Betrachtet man dann dieses Problem auch noch unter dem Gesichtspunkt, daß es bekannt ist, daß in Österreich die Familien nahe an der Armutsgrenze leben, so frage ich mich, wie man, wenn die Ehe einer Familie beziehungsweise eines Paares unglücklich verläuft, letztendlich einen verschuldensunabhängigen Unterhalt zu Lasten einzelner regeln möchte.

Ich behaupte an dieser Stelle, daß die neue Unterhaltsregelung die Reichen in diesem Lande, die sich scheiden lassen wollen, wenig kostet und daß es damit den Armen in diesem Lande, die sich scheiden lassen wollen, noch mehr erschwert wird, sich bei einer zerrütteten oder gebrochen Ehe scheiden zu lassen, weil es sich diese Familien nicht mehr leisten können. Die Armen werden noch mehr an die Armutsgrenze getrieben. Das ist das Ergebnis! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

90 Prozent der Bevölkerung haben auch kein Verständnis für die schleichende Einführung des Zerrüttungsprinzips anstelle des bisherigen Verschuldensprinzips. Wir Freiheitlichen sind immer auf dem Standpunkt gestanden, daß man ein Unglück, das man erleiden kann, lindern muß, daß man gesetzliche Regelungen für den Unterhaltsanspruch oder auch für die pensionsrechtliche Absicherung treffen muß, aber nicht zu Lasten einzelner in einer gebrochenen Ehe, sondern vorweg in einer sozialversicherungsrechtlichen Novelle, in der man von vornherein derartige Härtefälle ausschließt. Dann ist es nicht mehr notwendig, daß man zu Lasten einzelner eine unglückliche Regelung, wie sie heute hier verabschiedet werden soll, trifft.

Zuerst muß das Sozialversicherungsrecht in Ordnung gebracht werden, wobei selbstverständlich die Koalition gefragt ist.

Darüber hinaus ist es für uns auch wesentlich, daß im Zusammenhang mit dem Scheidungsrecht eine Scheidungsfolge mitgeregelt wird, die nach wie vor einer Erledigung harrt, und zwar betrifft das ein modernes, akzeptables Kindschaftsrecht.


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