Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 90

neuen Kartellrechts, also all dessen, was nach dem Jahr 1993 in Kraft getreten ist, gewesen sind, auch wenn es eine rückwirkende Entflechtung geben sollte, dies selbstverständlich im Rahmen von zumutbaren Übergangsbestimmungen zu geschehen habe. In diesem Sinne, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollte für die Prüfung von Zusammenschlüssen, die eben vor der letzten Novelle durchgeführt worden sind, auch eine gesetzliche Grundlage, nämlich das Muß und die Notwendigkeit, geschaffen werden. Aber, bitte, das ist in dieser Novelle nicht enthalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da es eben um einen so demokratiepolitisch sensiblen Punkt geht, können wir uns mit dieser ganz kleinen Novelle, die von allem zeugt, nur nicht von der vielgepriesenen Arbeitsenergie dieser Bundesregierung, nämlich der beiden Koalitionsparteien, was die inhaltliche Gestaltungskraft angeht, nicht zufriedengeben. Daher lehnen wir diese Novelle heute ab. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

13.45

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister für Justiz Dr. Michalek. – Bitte, Herr Bundesminister.

13.45

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ihnen heute zur Beschlußfassung vorliegende Kartellgesetznovelle ist keineswegs bloß eine hastige Vorausleistung für eine dringend notwendige Gesamtreform (Abg. Mag. Peter: Von "hastig" war keine Rede! Wir haben lange genug gewartet!) – aber im Ausschuß ist das so gesagt worden –, sondern sie stellt einen durchaus selbständigen weiteren wichtigen Schritt in der schon bisher eingeschlagenen Richtung einer schrittweisen Weiterentwicklung des österreichischen Kartellrechts dar.

Im Begutachtungsverfahren haben das alle begutachtenden Stellen, insbesondere die Stimmen aus der Praxis, wie aus dem Bereich der Richter, der Rechtsanwälte und auch der Rechtswissenschafter, durchaus bestätigt und die Novelle einhellig begrüßt.

Was den Inhalt anlangt, so möchte ich auf das aus meiner Sicht sozusagen Kernstück des Gesetzentwurfes näher eingehen, nämlich auf die vorgesehene Möglichkeit des Kartellgerichts zum amtswegigen Einschreiten, ein Einschreiten, das die Wirksamkeit unseres Kartellrechts vor allem im Bereich der Zusammenschlußkontrolle steigern soll.

Gegen diese Änderung sind von verschiedenen Seiten, sozusagen von unterschiedlichen Richtungen, Bedenken vorgebracht worden. Einerseits soll es rechtsstaatlich bedenklich sein, daß das Kartellgericht gleichzeitig gewissermaßen Ankläger und Richter ist. Dem muß ich entschieden entgegenhalten, daß amtswegiges Einschreiten im Außerstreitverfahren durchaus üblich ist und das überdies das allgemein übliche Prinzip auch im internationalen Vergleich ist, nach dem Kartellbehörden arbeiten. Das gilt sowohl für das vielgepriesene deutsche Kartellamt als auch für die Kommission als Wettbewerbsbehörde der EG.

Der andere Einwand wieder geht dahin, daß das Kartellgericht der ihm künftig zugedachten Aufgabe mit Rücksicht auf seine beschränkten personellen Ressourcen nicht gerecht werden könnte. Dabei möchte ich aber doch darauf hinweisen, daß die neu eingeführte, aus meiner Sicht wichtige Amtswegigkeit ja nicht, wie etwa für das deutsche Kartellamt, die einzige und allumfassende Grundlage seiner Tätigkeit ist, sondern nur eine zusätzliche Möglichkeit in jenen Fällen, in denen das bisherige – auf Anträge durch Amtsparteien und gegebenenfalls betroffene Unternehmer gestützte – System, aus welchen Gründen immer, faktisch nicht wirksam ist.

Überhaupt möchte ich feststellen, daß es keineswegs so ist, daß unser österreichisches Kartellrecht im materiellen Bereich oder in der Möglichkeit seiner Durchsetzung gegenüber vergleichbaren Rechtsordnungen, etwa in der Bundesrepublik Deutschland oder auch im Vergleich zum EG-Recht, gravierende Defizite aufweist. Natürlich, es gibt verschiedene Wege zum zu erreichenden Ziel, und über die eine oder andere Verbesserung soll durchaus auch noch weiter gesprochen werden. Jedenfalls aber ist es eine echte österreichische Errungenschaft, dem betroffenen Unternehmer im kartellgerichtlichen Verfahren Antragsrecht und Parteistellung zu geben,


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