Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 112

12. Beim Europäischen Rat in Berlin haben Sie als Regierungschef eines immerwährend neutralen Staates für militärische Aktionen einer Konfliktpartei gestimmt, indem Sie den NATO-Einsatz für ‚sinnvoll und geboten‘ erachteten. Wie läßt sich diese Haltung mit der österreichischen Neutralität vereinbaren?

13. Sie haben die beim Europäischen Rat in Köln erfolgte Erklärung über die Stärkung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unterzeichnet. Betrachten Sie dies für eine auch für Österreich richtige Zielsetzung?

14. In den Schlußfolgerungen von Köln steht, daß sich neben bündnisfreien auch ‚neutrale‘ Staaten in vollem Umfang und gleichberechtigt an EU-Operationen beteiligen können. Welche prinzipiellen Unterschiede bzw. rechtlichen Sonderpositionen für Neutrale gibt es dann noch gegenüber EU-Mitgliedstaaten, die in einem Bündnis oder bündnisfrei sind?

15. Halten Sie die Integration der WEU in die EU, wie im Amsterdamer Vertrag als Ziel formuliert, für sinnvoll und notwendig?

16. Stehen Sie zum geltenden Koalitionsübereinkommen, in dem der Beitritt Österreichs zur Westeuropäischen Union als Option ausdrücklich angesprochen wird?

17. In den Schlußfolgerungen von Köln heißt es, daß die Europäische Union zur effektiven Durchführung von EU-geführten Operationen entscheiden kann, ob sie diese unter Rückgriff und Fähigkeiten der NATO oder OHNE Rückgriff auf die NATO durchführt. Sehen Sie darin die Entwicklung der EU zu einer Verteidigungsunion, die ggf. auch ohne Beteiligung der NATO tätig werden kann?

18. Werden Sie sich für die Schaffung einer europäischen Friedens- Sicherheits- und Verteidigungsunion im Sinne des Amsterdamer Vertrages – unter Einschluß Österreichs – einsetzen?

19. Wieso schlagen Sie vor, die Debatte über die Zukunft der österreichischen Neutralität und Sicherheitspolitik bis Ende der nächsten Legislaturperiode zu beenden, obwohl entscheidende Verhandlungen über die Zukunft der europäischen Sicherheitspolitik, an der sich Österreich aktiv beteiligen sollte, in den nächsten Jahren anstehen?

20. Die Bundesregierung konnte entgegen Ihrem Versprechen im Koalitionsübereinkommen dem Nationalrat im ersten Quartal 1999 keinen ‚Optionenbericht‘ über die Zukunft der österreichischen Sicherheitspolitik vorlegen. Werden Sie einen Optionenbericht vorlegen, der die hier aufgezeigten grundsätzlichen Fragestellungen und Widersprüche klärt? Wenn nein, was werden Sie tun, um die völlig unterschiedlichen Positionen von SPÖ und ÖVP zu einer sicherheitspolitischen Linie der Bundesregierung zusammenzuführen, mit der Sie international wieder glaubwürdig werden?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage gemäß § 93 GOG als dringlich zu behandeln."

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erteile Frau Abgeordneter Dr. Heide Schmidt als Anfragestellerin zur Begründung der Anfrage das Wort nach § 93 der Geschäftsordnung, was bedeutet, daß die Redezeit 20 Minuten beträgt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.02

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es haben uns heute einige Personen gefragt, wie denn die Liberalen dazu kommen, heute eine Dringliche Anfrage zu Fragen der Sicherheitspolitik und zum Thema Neutralität zu stellen. Ich möchte Ihnen diese Frage gerne beantworten.

Ich glaube, daß der vergangene Wahlkampf gezeigt hat, wie leicht es dem Bundeskanzler und der SPÖ gemacht wurde, mit Schlagworten eine Scheinwelt herzustellen, die mit der Realität gar


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