Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 152

wir sind ein gleichberechtigtes Mitglied in der Europäischen Union; gerade Sie von der Bundesregierung betonen das ja bei jeder Gelegenheit, wir sind ein gleichberechtigtes Mitglied –, das die gleichen Rechte hat, à la longue, mittelfristig gesehen, nicht auch die gleichen Pflichten hat. Einen solchen Verein gibt es nicht, und daher gibt es das auch bei der Europäischen Union nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es macht ja auch keinen Sinn, Herr Bundeskanzler, wenn man sagt, bei einer gemeinsamen Verteidigungspolitik verweigern wir das wechselseitige Beistandsrecht. Was haben wir denn davon, wenn wir zwar da und dort so halb, weil wir eben neutral sein wollen, bei Aktionen mitmachen? Wir schicken zwar Soldaten in den Kosovo, aber überfliegen dürfen die NATO-Flugzeuge so quasi "für den Hausgebrauch" Österreich nicht. Was haben wir davon, wenn wir das tun, auf der anderen Seite aber dann, sollten einmal wir – was Gott verhüten möge – auf den gemeinsamen Beistand der anderen Mitglieder angewiesen sein, sagen: Nein, wir brauchen das nicht, wir sind neutral!? Das macht doch keinen Sinn.

Herr Bundeskanzler! Sie wissen das alles ja ganz genau, daher haben Sie ohne Vorbehalt den Vertrag von Amsterdam unterschrieben, und daher haben Sie jetzt auch vollinhaltlich die Beschlüsse von Köln mitgetragen, die darauf hinauslaufen, diese gemeinsame Verteidigungspolitik nunmehr weiter voranzutreiben und weiterzuentwickeln. Letztlich soll das Ganze schon Ende 2000 zu einer Verschmelzung der Europäischen Union mit dem Militärpakt WEU führen.

Das alles wissen Sie ganz genau, nur für den "Hausgebrauch", im Sinne des Witzes von Dr. Kreisky, machen Sie noch ein paar Pirouetten, wenn Sie zu Hause sind, und sagen: Nein, nein, wir werden schon die Neutralität bewahren! – Sie bestreiten damit sogar einen ganzen Wahlkampf, aber glaubhaft ist das trotzdem nicht, und Sie können es doch auch selbst nicht wirklich glauben.

Hohes Haus! Die freiheitliche Fraktion hält die Frage der österreichischen Neutralität für eine viel zu ernste, um sie wahl- und parteitaktischen Spielchen zu überlassen. Ich erlaube mir daher, einen Entschließungsantrag betreffend Durchführung eines Volksentscheides über die zukünftige österreichische Sicherheitspolitik einzubringen.

Der Antrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Scheibner, Dkfm. Bauer, Dr. Ofner, Dipl.-Ing. Schöggl und Kollegen betreffend Durchführung eines Volksentscheides über die zukünftige österreichische Sicherheitspolitik

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Teilnahme Österreichs an der beim Europäischen Rat in Köln beschlossenen Weiterentwicklung der gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zur europäischen Verteidigungsunion der Bevölkerung zur Entscheidung (Volksabstimmung, Volksbefragung) vorzulegen."

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Ich danke für die kurze Verlängerung, Herr Präsident. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist geschäftsordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Ich erteile jetzt das Wort Herrn Abgeordnetem Wabl, der noch eine Redezeit von 7 Minuten zur Verfügung hat. (Abg. Dr. Graf: Jetzt erfahren wir die Position vom Joschka Fischer, oder?)


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