Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 183

19.55

Abgeordneter Franz Lafer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte Bezug nehmen auf das Gefahrgutbeförderungsgesetz, zu dem es an und für sich nicht viel zu sagen gäbe, da es sich um eine Angleichung handelt, die alle zwei Jahre stattfindet. Bei genauerer Durchsicht der Unterlagen ist mir allerdings einiges Beträchtliches aufgefallen, und das möchte ich auch hier im Parlament kundtun.

Zum ersten gab es einen Erlaß vom 26. Mai 1999, der auf zwei Richtlinien, und zwar auf die Richtlinie 99/47/EG und auf die Richtlinie 94/55/EG, sowie auf das Gesetz, das heute hier beschlossen wird, Bezug nahm. Das heißt, es wurde hier der Stufenbau der Rechtsordnung mißachtet beziehungsweise gebrochen. Man hat schon, bevor man überhaupt das Gesetz hatte, einen Erlaß herausgegeben. Hiebei handelt es sich wieder einmal um einen typischen Bruch der Rechtsordnung, wie er nicht allzu selten vorkommt.

Daraufhin habe ich das Ganze noch näher hinterfragt und untersucht und bin draufgekommen, daß auch in dem von den Kollegen Parnigoni und Kukacka eingebrachten Abänderungsantrag zwei Richtlinien angeführt wurden, und zwar die Richtlinie 99/47/EG und 99/48/EG der Kommission vom 21. Mai 1999, die es gar nicht gibt. – Sie haben richtig gehört: Diese Richtlinien gibt es gar nicht!

Faktum ist, daß es ein Deckblatt vom Rat der Europäischen Kommission vom 21. Mai gibt, welchem zwei Richtlinien angeschlossen sind und auf dem ausdrücklich steht: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates.

Herr Kollege Parnigoni! Bei einer Nachfrage im Verkehrsministerium und auch in Brüssel beka-men wir die Antwort: Das Datum haben wir einfach eingesetzt. Das heißt – und ich möchte das noch einmal bewußt wiederholen –, daß es die Grundlagen für den Inhalt dieses Gesetzes, nämlich die in dem dazugehörigen Abänderungsantrag angeführten Richtlinien der Kommission, gar nicht gibt! Wir beschließen heute ein Gesetz, das eine Richtlinie zum Inhalt hat, die es nicht gibt. – Das ist eine sehr komische Vorgangsweise, und ich möchte wirklich bezweifeln, ob dies dem Rechtsstaat Österreich überhaupt noch entspricht. Das Ganze trägt noch dazu die Unterschrift: Sektionschef Dr. Kafka.

Was bewirkt das jetzt? – In Österreich gibt es ungefähr 450 Exekutivbeamte, die speziell für den Bereich des Gefahrgutbeförderungsgesetzes ausgebildet wurden, aber aufgrund dieses Erlasses bis zur Kundmachung des Gesetzes arbeitslos sind. – Das weiß niemand! Jede Anzeige, die bei der Kontrolle nach dem Gefahrgutbeförderungsgesetz gemacht wird, kann nicht vollzogen werden, weil das entsprechende Gesetz noch nicht beschlossen beziehungsweise kundgemacht worden ist. Das heißt, dem Staat entgehen dadurch Millionenbeträge.

Aber es gibt nicht nur diesen einen Fall, sondern es gibt noch mehrere dieser Art.

So gibt es etwa auch einen Erlaß des Verkehrsministeriums bezüglich des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, gemäß welchem Bitumen, Walzasphalt, Gußasphalt und andere Heißprodukte nicht kontrolliert werden dürfen, weil im Erlaß steht, daß "Verstöße bis zur Inkraftsetzung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes und Herausgabe eines neuerlichen Erlasses nicht zu ahnden" sind.

Das hat mich brennend interessiert, daher habe ich mir die Verträge angeschaut. In allen 34 Mitgliedstaaten des ADR gibt es diese Verordnung in Verbindung mit dem Gefahrgutbeförderungsgesetz, aber nur in Österreich wird diese eine Transportklasse seit mehr als zwei Jahren nicht kontrolliert, weil dies mit Erlaß entgegen dem Gesetz verboten wurde. Auch dieser Erlaß trägt die Unterschrift: Sektionschef Dr. Kafka.

Das sind Dinge, die aufgeklärt werden müssen. Schade, daß ich nicht mehr genug Zeit habe, um näher darauf einzugehen. Wir werden natürlich weitere Schritte unternehmen, denn es kann und darf nicht sein, daß in einem Ministerium Erlässe entgegen den gesetzlichen Bestimmungen gemacht werden. Das werden wir uns noch genauer anschauen!


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