Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 175. Sitzung / 234

Unser hochverehrter Herr Präsident hat uns auch wissen lassen – bedeutungsschwanger, wie ein Präsident der Wirtschaftskammer eben ist –, daß es in Österreich zu viele Gesetze gibt. Auch damit hat er recht – und hat er eben, vor zehn Minuten, das Euro-Währungsangabenge-setz mitbeschlossen. Ja, meine Damen und Herren, die kontrollierte Schizophrenie ist halt ein Hund! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es ist eben wirklich ein gespaltenes Leben, Herr Präsident! Aber es ist immer gut, wenn sich ein Generalsekretär im richtigen Moment vor den Präsidenten stellt und ihn vor einem Gespräch schützt, denn dann muß er sich die Anwürfe eines Oppositionsabgeordneten nicht gefallen lassen, das ist doch auch ganz gut!

Aber es ist ein schwieriges Leben, Herr Präsident, wenn man von allem weiß, wie es geht, nur eben leider im Parlament immer das Gegenteil beschließen muß. Sie haben es wirklich hart, Herr Präsident! Mein Mitleid ist bei Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Hohes Haus! Daß wir den Bericht ... (Abg. Dr. Stummvoll: Mehrheiten finden, ist schwieriger, als Wünsche äußern!) Das ist richtig! (Abg. Dr. Schmidt: Das ist eben so, wenn man in der Opposition ist!) Klar, in der Regierung in Opposition! (Abg. Haigermoser: ... beides erledigen! Vor allem die hohe Pflege des Sparschweins! – Weitere Zwischenrufe.)

Hohes Haus! Am Ende der Tagesordnung den Bericht der kleinen und mittleren Unternehmen zu diskutieren, ist für mich eigentlich ein bitteres Erlebnis. Wir haben morgen, am 18. Juni, in der Früh eine Landwirtschaftsdebatte. Sie steht an der allerersten Stelle. Da geht es um 2,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

Wir reden heute über die kleinen und mittleren Unternehmen bis 50 Mitarbeiter. Dort arbeiten zwei Drittel aller Beschäftigten in Österreich, und dabei geht es um sechs Siebentel aller Unternehmungen. Ist das nicht eine Wertigkeit, die wir diesem Thema im Hohen Hause dadurch geben, daß wir 2,6 Prozent des BIP in der Früh – "in the prime time" – und die Frage der KMUs am späten Abend diskutieren? (Demonstrativer Beifall des Abg. Mag. Steindl.)

Der Bericht ist inhaltlich gut aufbereitet, er ist von den Beamten gut gemacht worden. Er befaßt sich mit dem Thema "Nahversorgung" und beweist eigentlich, daß die Nahversorgung unter den Rahmenbedingungen des Wirtschaftens, die wir heute in Österreich haben, stirbt. Die Nahversorgung stirbt nicht, weil sie keine Lebenschance hätte, sondern weil sie unter diesen Rahmenbedingungen – und das ist seit 50 Jahren nachgewiesen – nicht leben kann, weil sich die Kunden anders entscheiden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Also sind doch, meine Damen und Herren, Herr Bundesminister, offensichtlich neue Lösungen der Nahversorgung gefragt! Nicht mehr vom selben, sondern Neues andenken! Genau dorthin zielen die Anträge, die auch unter dem jetzigen Tagesordnungspunkt mitverhandelt werden. Sie dienen dazu, kleinen Unternehmen mehr Dienstleistungsqualität, mehr Mobilität und mehr Flexibilität zu geben.

Ich werde es immer wieder sagen, meine Damen und Herren des Hohen Hauses: Kleine Unternehmen dürfen Sie nicht schützen! Denn in dem Moment, in dem Sie sie schützen, nehmen Sie ihnen das einzige Asset, das sie haben, den einzigen unverzichtbaren Vorteil, nämlich ihre Flexibilität, ihre Geschwindigkeit! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Neue Dienstleistungsqualität in der Nahversorgung wird es dann geben, wenn es Nachbarschaftsläden gibt, wenn es mobile Läden gibt, wenn es kombinierte Geschäfte gibt, wenn wir Stadt-Ort-Marketing haben. Wir haben heute Rahmenbedingungen, die den Kleinen einlullen. Es ist so, als ob man eine Forelle zu Tode streichelt.

Wir haben die Anträge als Entschließungsanträge formuliert eingebracht, weil wir uns gesagt haben, daß es Ihnen leichter fallen wird, ihnen als Entschließungsanträgen zuzustimmen. Sie dienen als Leitanträge, die eine politische Diskussion in Gang setzen sollen. – Ich befürchte aber, Sie werden sie wiederum ablehnen.


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