Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 178. Sitzung / 24

28. Als Ressortzuständiger für Kunstangelegenheiten tragen Sie Verantwortung für die Förderung und Gleichstellung von Künstlerinnen. Ein Beispiel für das krasse Mißverhältnis von Frauen- und Männeranteil stellt das Staatsopernorchester mit einem Frauenanteil von 0,7 Prozent dar. Im Volksopernorchester beträgt dieser zumindest 27,4 Prozent. Es beschäftigt damit 95,5 Prozent aller Musikerinnen des Bundestheaterverbandes. Halten Sie das Instrument der Orchesterfinanzierung dafür geeignet, den Frauenanteil insbesondere im Staatsopernorchester zu erhöhen? Wenn ja, welche Maßnahmen werden Sie setzen? Wenn nein, warum nicht?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage gemäß § 93 Abs. 1 GOG als dringlich zu behandeln."

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erteile Frau Abgeordneter Dr. Schmidt als erster Fragestellerin zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Schmidt.

15.04

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Ministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wie bekannt, hat sich im Jahre 1996 eine Gruppe von Frauen organisiert, um auch einen Aufschrei dagegen zu artikulieren, daß Frauen nicht nur bei uns, aber insbesondere in Österreich benachteiligt sind. Wie bekannt, hat dieser Aufschrei seinen Niederschlag in einem Volksbegehren gefunden, einem Volksbegehren, das durch Auflistung zwölf konkreter Punkte die Politik veranlassen sollte, diese Benachteiligungen abzubauen und zu beseitigen.

Dieses Verlangen hat die Unterstützung von nahezu 650 000 Menschen gefunden. Das war im April 1997.

Es haben sich in weiterer Folge, nachdem klar war, welche Unterstützung solche Forderungen in der Bevölkerung finden, eine Reihe von Politikerinnen und Politikern zu Wort gemeldet, die alle wortreich erklärt haben, daß sie nicht nur die Intention, sondern vor allem auch die konkreten Forderungen in diesem Volksbegehren gerne unterstützen würden.

Einer jener, der gemeint hat, er würde das unterstützen, war der Herr Bundeskanzler. Er hat nicht nur von Unterstützung gesprochen, nein, er hat sogar gemeint, er werde sich dafür einsetzen – einsetzen, Herr Bundeskanzler, ist etwas Aktives –, daß dieses Volksbegehren Punkt für Punkt umgesetzt wird. Er hat dazu noch etwas gesagt. Er hat gesagt: Wenn notwendig, werde es dafür auch einen koalitionsfreien Raum geben.

Wir haben uns diese Sondersitzung für das Ende der Legislaturperiode gewünscht, um uns nicht wieder Versprechungen anhören zu müssen, die Sie angeblich umsetzen wollen, um am Ende einer Legislaturperiode auf die Waagschale zu legen, was Sie sagen und was Sie tun, auf die Waagschale zu legen, was die anderen sagen und was sie tun, und auf die Waagschale zu legen, was bei all dem an Bilanz zu ziehen ist.

Wenn ich hier von dieser Seite höre, dafür bräuchte man keine Sondersitzung zu machen, dann muß ich sagen: Das sehe ich anders. Ich sehe das deswegen anders, weil ich glaube, daß die Benachteiligung von mehr als der Hälfte der Menschen in der Bevölkerung ein Demokratiedefizit ist, das nicht nur in Sondersitzungen behandelt werden sollte, sondern das die höchste Aufmerksamkeit verdient, die man einem Problemkreis überhaupt zuwenden kann. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Daß für die Freiheitlichen Frauenpolitik keinen Stellenwert hat, ist bekannt, aber für die Freiheitlichen haben wir es auch nicht gemacht. (Abg. Scheibner: Hätten wir das gemacht, wäre das wieder "Mißbrauch" der Geschäftsordnung!)


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