Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 181. Sitzung / 70

Arbeit besteuert, und mit der dritten wird Wettbewerbsverzerrung innerhalb des Euro-Raumes erzeugt. Das alles wissen wir, aber weder der Städtebund noch der Gemeindebund, den ich von diesem Pult aus mehrfach öffentlich auffordern durfte, doch einmal selbst darüber nachzudenken, wie man die direkte Gemeindefinanzierung, die unverzichtbar ist, auf neue Beine stellen könnte, haben sich dazu bereit erklärt. – Im Gegenteil: Der Gemeindebund hat den schönen Satz geprägt: Ich liege und besitze, laßt mich schlafen.

Und nun kommen der "böse" Europäische Gerichtshof und der "juristische Zynismus" – unter Anführungszeichen, Zitat Nowotny – des Herrn Generalanwaltes.

Die Frage, die wir diskutieren sollten – ich töne sie nur ganz kurz an, dann komme ich schon zum eigentlichen Thema – lautet: Kann auch der Staat unrechte Steuern einheben? – Das ist die erste Frage. Wenn ein Bürger Steuern zu Unrecht nicht bezahlt, muß er sie nachbezahlen. Aber es kann offensichtlich auch ein Staat Steuern einheben, die keine Rechtsgrundlage haben. Die Republik weiß ja seit dem Jahre 1995 von dieser Drohung der Union.

Die zweite Frage lautet: Gibt es noch eine Vollkostenkalkulation, Herr Professor? Gibt es diese noch? Sind wir nicht heute im Verdrängungswettbewerb, bei dem mehr Angebot weniger Nachfrage gegenübersteht? Sind wir nicht schon lange bei einem "target costing", das heißt, bei einer Zielkalkulation, bei der all jene Bestandteile, die jetzt vom Unternehmen wegzuzahlen sind, an wen auch immer – Mehrwertsteuer, Getränkesteuer, Lohnkosten, Lohnnebenkosten, Strom, Wäscherei; was immer Sie wollen –, in einem vom Markt vorgegebenen Preis unterzubringen ist?

Ich meine, daß Ihnen alle modernen Betriebswirte und Marketingleute sagen müssen, daß die Vollkostenkalkulation schon lange durch die Grenzkostenkalkulation, die Deckungsbeitrag- und Zielkostenkalkulation abgelöst wurde. – Soviel zur Frage der Bereicherung.

Ich komme gerne zum Thema internationale Verflechtung. Globalisierung, Information, Verkehr und Arbeitsteiligkeit schreiten voran; auch unsere Verantwortung schreitet voran, nämlich die gemeinsame Verantwortung des Teilens. Es ist nicht populär, das zu sagen: Entwicklungshilfe, meine Damen und Herren, heißt teilen! Das heißt, daß die wohlhabenden Länder dieses Globus auch aus eigenem Interesse sagen, wir müssen einen – hoffentlich wachsenden und steigenden – Anteil unseres Wohlstandes weitergeben, um den anderen Nationalstaaten, Ländern und Regionen auf diesem Globus eine Entwicklung zu ermöglichen, die uns ökonomisch ausgeglichen leben läßt, die uns soziale Sicherheit, die nur eine globale Sicherheit sein kann, weiter genießen läßt und die vor allem das ökologische Problem in den Griff bekommt. Wir alle leben nun einmal nur auf einer Erde.

Ich glaube nicht, daß das nur über einzelstaatliche Maßnahmen geht. Ich glaube sehr wohl, wie Herr Gaugg gesagt hat, daß es möglich ist, daß Österreich zwei oder drei Partnerstaaten in Schwarzafrika hat – wir haben sie ja! –, in denen wir ganz konkrete Einzelaktivitäten setzen. Das finde ich richtig, aber wir werden – und da setze ich mich in klaren Gegensatz zur Position der Freiheitlichen – die internationalen Organisationen dazu brauchen. Der österreichische Beitrag dort ist mir aber zu niedrig.

Wir haben Verantwortung für unsere Kinder – selbst hier im Lande –, denn Entwicklungshilfe ist die Sicherung der Lebensbasis unserer und der nächsten Generation. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die Kontrolle der Mittelverwendung ist auch mir da und dort zu lax, wobei ich davor warne, sie immer mit österreichischen Exporten zu junktimieren. Natürlich ist es unser ureigenstes Interesse, daß durch Entwicklungshilfegelder möglichst viele Aufträge nach Österreich gebracht werden – keine Frage. Aber das darf nie der Hauptzweck sein; es ist der Nebenzweck, der zweite Zweck. Und die Überprüfung der Ergebnisse muß verbessert werden. All das können wir jedoch nur in internationalen Organisationen tun. Ich fordere die Bundesregierung daher dazu auf, in diese Sache mehr als bisher tätig zu werden.

Wir werden beiden Vorlagen zustimmen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.)

12.47


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