Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 181. Sitzung / 73

den Grünen und bei der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Wer weiß?) Ewald Nowotny scheidet aus dem Nationalrat aus, und seitdem ich im Parlament bin, war er mein Vorsitzender – natürlich nur im Finanzausschuß. Ich glaube, das verdient schon ein paar Worte.

Ich weiß nicht, wie viele Jahre du Vorsitzender des Finanzausschusses warst – sehr viel länger jedenfalls, als ich hier im Parlament bin –, aber ich nütze diese Gelegenheit dazu, protokollarisch festzuhalten, daß ich meine, daß deine Vorsitzführung und Sitzungsleitung unparteiisch, korrekt, sachkundig – no na! – und neutral war – auch aus der Sicht einer Oppositionspartei –, und daß du dadurch sicherlich wesentlich dazu beigetragen hast, daß das Diskussionsklima im Finanzausschuß so war, wie du es schon geschildert hast. Ich kann dem nur beipflichten. (Beifall bei den Grünen, bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte aber aus der Sicht einer Oppositionspartei schon hinzufügen, daß sich dieses angenehme Diskussionsklima im wesentlichen auf das Gespräch zwischen den Abgeordneten der Oppositionsparteien einerseits und dem anwesenden Minister beziehungsweise Staatssekretär andererseits beschränkt, Verhandlungen als solche oder Gespräche zwischen Abgeordneten der Regierungsparteien und den Oppositionsparteien aber de facto kaum stattfinden. Das ist jedoch sicherlich nichts besonders Typisches für den Finanzausschuß, sondern ist eines der Strukturprobleme des Parlamentarismus.

Sehr begrüßt habe ich auch eine Reform, die unter deiner Vorsitzführung stattgefunden hat, nämlich im Rahmen der Diskussion zur Steuerreform, daß wir zuerst ein Gespräch über die Sache, über verschiedene Sachfragen mit den Beamten der Himmelpfortgasse geführt haben und dann sozusagen die politische Debatte mit dem Minister beziehungsweise Staatssekretär gefolgt ist. Das hat sich sehr bewährt, diese Vorgangsweise sollten wir auch in Zukunft fortführen.

Wenn ich etwas bedauere, dann vielleicht, daß deine Sachkundigkeit im Ausschuß eigentlich nicht beziehungsweise selten in Form von Debattenreden zum Ausdruck gekommen ist, weil du quasi durch die Vorsitzführung blockiert warst. Es ist auch nicht zu übersehen – bevor wir hier alle in Tränen ausbrechen, wie schön alles war –, daß der Finanzausschuß an denselben Strukturproblemen wie andere Ausschüsse auch leidet. Eines davon ist, daß die Mehrheit das exekutiert, was die Regierung vorgibt. Ein zweites ist, daß keine Verhandlungen – wie es vielleicht einmal die Idee der Verfassungsgeber und Geschäftsordnungsmacher war – zwischen den Parteien im Ausschuß stattfinden, sondern daß eine in der Regel sehr interessante und sachorientierte Diskussion zwischen den Abgeordneten der Oppositionsparteien und dem Minister beziehungsweise dem Staatssekretär stattfindet, sich die Abgeordneten der Regierungsparteien aber meist vornehm zurückhalten. Herr Stummvoll sei da ausgenommen, weil er mich gerade so mahnend anschaut. – Aber hier ist jetzt nicht der Ort, das zu vertiefen.

Ewald Nowotny und ich haben außerhalb dieses Hauses unzählige Stunden bei Podiumsdiskussionen verbracht, etliche davon – wenn nicht die meisten – bei Fragen über die öko-soziale Steuerreform oder über die Energiesteuerreform. Zu meinem Gram ist es mir nicht gelungen, ihn vollends davon zu überzeugen, wie sinnvoll diese Reform ist. Zum Glück gilt das wechselseitig – zum Glück für die Idee, finde ich. (Heiterkeit bei den Grünen.)

Ganz verloren gehst du mir ja nicht. Für die Kolleginnen und Kollegen darf ich mir die Anmerkung erlauben, daß das Nowotny-Lehrbuch der Finanzwissenschaft immer noch ein Teil der Prüfungsliteratur für meine Studentinnen und Studenten ist.

Es macht mir hin und wieder diebische Freude, nachzuschauen, wo denn gewisse Diskrepanzen zwischen den Anforderungen der Theorie und der täglichen Praxis vorliegen. Kurzum, lieber Ewald, du hast eine große neue Aufgabe vor dir. Wir wünschen dir jeden Erfolg und alles erdenkliche Glück, das du in deiner neuen Funktion vielleicht auch brauchen wirst. (Beifall bei den Grünen, beim Liberalen Forum sowie bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Van der Bellen reicht Abg. Dr. Nowotny zum Abschied die Hand.)

13.01


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite