Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 181. Sitzung / 136

wäre auch schwer möglich gewesen –, aber er war parteipolitisch schwer zuordenbar. Deswegen hatte er keine Chance! (Abg. Scheibner: Das ist ganz gefährlich!)

Und wenn sich etwa der allenfalls ausscheidende Abgeordnete Van der Bellen um – sagen wir – den dritten Goldbarrenzählerposten in der Nationalbank bewerben würde (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie hätten keine Chance!), hätte er keine Chance, weil er parteipolitisch zuordenbar ist – nur leider der falschen. Es gibt eben nach wie vor Institutionen im öffentlichen und staatsnahen Bereich, in denen Rot und Schwarz von der Spitze bis zum Portier alle Posten ausbalanciert haben. (Beifall bei den Grünen und den Freiheitlichen.)

Und wenn Sie hier das Gegenteil behaupten – so deutlich hat es ja Gott sei Dank noch keiner gemacht! –, dann würden Sie mich wieder kränken, denn dann würden Sie mich für blöd verkaufen wollen! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Bundeskanzler, das müssen Sie doch wissen!) Jeder weiß, daß das so ist: Es gibt eben in Österreich noch diese Reste des Feudalstaates – so muß man das wohl nennen – oder eine Neugeburt des Feudalstaates, in dem die Spitzen von SPÖ und ÖVP glauben, ihren Gefolgsleuten bestimmte Lehen auf Zeit zuteilen zu können. Und genau das ist das Verheerende des Proporzes, nicht daß da jedesmal irgendein Unfähiger sozusagen ans Ruder kommt.

Bis heute verstehen die Sozialdemokraten und die Volkspartei die Wut der Oppositionsparteien und des nicht rot-schwarzen Teiles der Bevölkerung über diese Art der Personalpolitik nicht!

Der von mir sehr geschätzte Finanzminister Edlinger sagte hier im Nationalrat vor zwei Jahren: Ihr Vorwurf – und so weiter –, es habe möglicherweise eine parteipolitische Postenbesetzung in der Nationalbank stattgefunden, wäre nur dann zutreffend, wenn es sich um Persönlichkeiten handelte, die der Aufgabe nicht gewachsen sein könnten. – Ein Blödsinn! Diese Logik ist verquer.

Es geht nicht darum, daß die Personen, die dann gewählt wurden, ihrer Aufgabe nicht gewachsen sein könnten, sondern es geht darum, daß prinzipiell nur Rote oder Schwarze zum Zug kommen – andere eben nicht. Das ist die Schweinerei! Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen! Es geht nicht um den Vorwurf, daß bestimmte Persönlichkeiten unfähig seien.

Auch Kollege Gusenbauer hat heute hier das Thema völlig verfehlt. Was haben die USA mit den österreichischen Verhältnissen zu tun? Dort wechseln die Leute in Firmen der Privatwirtschaft – es kommen auch genug Korruptionsfälle vor; das steht auf einem anderen Blatt. Es geht dort aber nicht darum, daß sie in staatsnahe Unternehmen wechseln, wo die gleichen Parteien, die hier im Hause den Ton angeben, dort dasselbe tun. Das ist doch etwas ganz anderes! (Beifall bei den Grünen.)

Mit der Zeit wird die Feudalisierung Österreichs ein Ende nehmen. ÖVP und SPÖ bestreiten heute, daß es das überhaupt gibt. – Das widerspricht dem Hausverstand, das widerspricht der Erfahrung jedes einzelnen gelernten Österreichers, jeder einzelnen gelernten Österreicherin. Wir alle wissen, daß es das gibt! – Danke. (Beifall bei den Grünen und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Petrovic: Traurig! Traurig!)

16.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Van der Bellen, ich nehme an, Sie wollten "Skandal" sagen, als Ihnen irrtümlich das Wort "Schweinerei" herausrutschte. (Zwischenruf des sich auf seinen Platz begebenden Abg. Dr. Van der Bellen.) Okay.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.42

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte dort fortsetzen, wo Professor Van der Bellen seine Ausführungen beendet hat.


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