Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 182. Sitzung / 134

Lauschangriff –, einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen sind, einschließlich aller Angehörigen, die bei ihnen wohnen, wenn sie großjährig sind, im Haus. Das heißt, jeder Strafverteidiger, der Akteneinsicht bekommt, wird von Ihnen einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen, einschließlich seiner nahen Angehörigen oder sonstigen Mitbewohner.

Das finde ich bemerkenswert. Das sollten die hier anwesenden Rechtsanwälte einmal ad notam nehmen: Der Rechtsanwaltsberuf für sich, wenn Sie ein Mandat als Strafverteidiger führen, reicht für das Sicherheitspolizeigesetz nicht aus, daß Sie vertrauenswürdig sind. Das ist vielleicht der Rechtsanwaltskammer bisher entgangen, aber das sollte die Kolleginnen und Kollegen dort interessieren. Das finde ich wirklich bemerkenswert, denn das ist das volle Bekenntnis zum reinen Polizeistaat. Wenn also nicht einmal mehr der freie Anwalt anerkannt wird, solange er sich nichts zuschulden hat kommen lassen oder selbst vielleicht Verdächtiger ist – das kann es ja auch geben –, finde ich das bemerkenswert.

Zur DNA-Analyse. – Ich hatte Gelegenheit, darüber auch schon öffentlich zu diskutieren, und ich bin froh darüber, daß es wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, die uns in die Lage versetzen, ausdifferenzierte Beweise zu führen und insbesondere auch Auschlußbeweise zu führen, denn das ist eine der Qualitäten der DNA-Analyse. Aber ich bin nicht froh darüber, daß, wenn wir dann nur zwei Paragraphen im Gesetz haben, die sagen, das muß ein privater Dienstleister machen, mit einem privatrechtlichen Vertrag, keine Definition der Qualitätsstandards im Gesetz drinnen ist. Nichts! Nichts, nur ein privater Dienstleister.

Ich frage mich daher, wie Sie das finden, wenn man öffentlich-rechtliche Aufgaben – und die Polizei ist öffentlich-rechtlich – in privatrechtlichen Verträgen entwickelt. Diesen Privatisierungszugang werden Sie von uns nicht hören! Ich halte das für falsch! Das ist Privatisierung im Polizeistaatsmilieu, und das halten wir für falsch! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das ist bedenklich, dafür müssen Sie eine andere Konstruktion wählen, und außerdem müssen Sie die Standards ausdifferenzieren. Ich bin der Meinung, die DNA-Analyse ist eine wertvolle Möglichkeit, aber sie ist ein scharfes und ein zweischneidiges Messer, und Sie selbst erkennen ja in diesem Gesetz, daß diese DNA-Proben alle Informationen tragen, sonst müßten Sie ins Gesetz nicht hineinschreiben, daß nur jene ausgewertet werden dürfen, die man unbedingt braucht. Sie wissen das alles, und trotzdem haben Sie keinen adäquaten Rechtsschutz eingebaut, denn ein privatrechtlicher Vertrag mit einem Dienstleister ist kein adäquater Rechtsschutz. Er ist nur so gut oder so schlecht wie die Person, die es macht.

Das Institut für Gerichtsmedizin in Innsbruck ist für mich persönlich, subjektiv, über jeden Verdacht erhaben. Aber das steht nicht im Gesetz, sondern im Gesetz steht: "Dienstleister". Jeder, der so ein Labor hat, kann Dienstleister sein, und das ist bedenklich. Sie hätten das besser definieren und vielleicht unserem Vorschlag folgen müssen, ein eigenes Gesetz dafür zu machen.

Schleierfahndung. – Es sind Ihnen in Schengen und in der Union die Grenzen abhanden gekommen, an denen früher ein Stop-over zur Kontrolle aller war. Daraufhin sind Sie zur grenzenlosen Überwachung übergegangen. Sie dürfen ohnehin jederzeit Anhaltungen machen, wenn Ihnen etwas verdächtig vorkommt, und daher brauchen Sie keine Schleierfahndung im Sicherheitspolizeigesetz.

Eine letzte Bemerkung, etwas, was ich für ganz wesentlich halte. Da stellt sich der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Sika, im ersten Jahr nach der Überschreitung seines Pensionsalters – vom Minister gebeten, zu bleiben –, vor die Fernsehkamera, vor die Journalisten und sagt öffentlich – öffentlich! –: Ich hätte gerne dieses Gesetz, weil wir machen das alles ohnedies schon, und wir brauchen ein Gesetz, um das machen zu dürfen.

Und niemandem fällt auf, daß Sika da entweder mit sich völlig im Widerspruch ist. Wenn er das ohne Gesetz macht, dann macht er das hoffentlich, weil er das darf – subjekte Tatseite des Herrn Sika, denn für mich ist er in diesem Fall ein rechtstaatsbrechender Täter –, oder er braucht das Gesetz, dann darf er es nicht machen. Und das wird öffentlich gesagt, vom obersten aller österreichischen Polizeibeamten, wenn man so will, vom Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit: daß etwas ohnedies gemacht wird, wofür jetzt ein Gesetz kommen soll.


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