Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 2. Sitzung / Seite 141

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Bei offiziellen Anlässen und Feierstunden wird oft von Vertretern der Republik die Wichtigkeit der österreichischen Volksgruppen für die Identität unseres Staates hervorgehoben. Auch zahlreiche Organisationen der Volksgruppen haben in den letzten Jahren eine entsprechende Staatszielbestimmung gefordert. So ist im Memorandum der österreichischen Volksgruppen, welches von repräsentativen Vertretern aller österreichischen Volksgruppen ausgearbeitet worden ist, bereits im Jahre 1997 die Annahme einer Staatszielbestimmung im Verfassungsrang, welche ein Bekenntnis der Republik Österreich zu ihrer historisch gewachsenen kulturellen, sprachlichen und ethnischen Vielfalt enthalten soll, gefordert worden.

Ich finde es wichtig, dass bei einer solchen Formulierung ausdrücklich das Wort "Volksgruppen" vorkommt, da dieser Begriff im Volksgruppengesetz eindeutig definiert ist. Insofern halte ich den Antrag der Grünen zwar, wie gesagt, von der grundsätzlichen Richtung her für gut und richtig, aber nicht in seiner konkreten Formulierung. Darüber aber müssen wir uns nicht hier in der ersten Lesung im Detail unterhalten, sondern das bleibt dann dem Ausschuss vorbehalten.

Vom Grundsatz her halte ich gerade als Burgenländerin das friedliche Zusammenleben verschiedener sprachlicher Gruppen und Volksgruppen für sehr wichtig. Wir haben im Burgenland neben der deutschsprachigen Mehrheitsbevölkerung auch die kroatische und ungarische Volksgruppe sowie die Volksgruppe der Roma beheimatet. Auch wenn immer noch etwas verbessert werden kann, so kann man im Großen und Ganzen sagen, dass das Zusammenleben bei uns im Burgenland gut funktioniert. Wenn wir aber über die Grenzen blicken und Ereignisse der letzten Jahre in Europa Revue passieren lassen, dann sehen wir, wie viel Unglück und Leid der Geist des Nationalismus und der Intoleranz anrichten kann.

Deshalb bin ich dafür, dass wir in Österreich eine moderne Volksgruppenpolitik betreiben, die ein bewusster Kontrapunkt gegen das Umsichgreifen verschiedenster Formen des Nationalismus sein soll. Wir müssen uns dessen bewusst sein, dass unsere Volksgruppen eine Bereicherung unserer Gesellschaft sind und dass es darauf ankommt, diese Volksgruppen auch zu erhalten. Dabei ist es für mich wichtig, dass interethnische Kontakte und Projekte gefördert werden und dass sich die einzelnen Volksgruppen nicht von der Mehrheitsbevölkerung absondern, sondern bewusst in die Gesellschaft integriert werden. Ein echtes Miteinander ist erforderlich und nicht ein Gegeneinander, aber auch nicht ein Nebeneinander.

In diesem Sinn fordert meine Partei schon seit längerem eine Verbesserung der Vertretungs- und Ausdrucksmöglichkeiten der Volksgruppen, insbesondere eine Aufwertung der Volksgruppenbeiräte durch eine Ausweitung ihrer Kompetenzen und eine Verbesserung ihrer Funktionsweise.

Denn so lobenswert es sein mag, in die Verfassung eine Staatszielbestimmung für die Volksgruppen einzuführen, so wichtig wäre es darüber hinaus, das Volksgruppengesetz konkret weiterzuentwickeln. Dieses Gesetz hat sich zwar seit 1975 im Prinzip bewährt, könnte aber doch in einigen Aspekten an die Erfordernisse der heutigen Zeit angepasst werden. Dabei scheint mir, wie erwähnt, besonders eine Aufwertung der Volksgruppenbeiräte erforderlich. Denn die Klage, die man oft von den Volksgruppenvertretern hört, ist die, dass Beschlüsse der Volksgruppenbeiräte von den Adressaten nicht ernst genug genommen werden. Auch dazu hat es in der letzten Gesetzgebungsperiode von unserer Seite schon Vorschläge, wie dem abgeholfen werden könnte und wie die Beschlüsse der Volksgruppenbeiräte ein höheres Gewicht erhalten könnten, gegeben.

Eine weitere Schwäche des geltenden Volksgruppengesetzes besteht darin, dass es Bestimmungen enthält, die für die Volksgruppe der Roma nur bedingt tauglich sind. So musste man sich bei der Zusammensetzung des entsprechenden Volksgruppenbeirates einer Notkonstruktion bedienen.

Abschließend möchte ich die Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass es in der kommenden Legislaturperiode möglich sein wird, in der Gesetzgebung Fortschritte für die Volksgruppen zu erreichen. Wenn wir Akzente einer modernen Volksgruppenpolitik setzen, setzen wir auch


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