Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 4. Sitzung / Seite 172

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Ich glaube wirklich nicht, dass Sie es ernst nehmen – so, wie Sie die Sache mit dem angeblichen Minderheitsrecht angehen. Es wurde schon viel darüber gesagt, dass es zufälligerweise ein Drittel sein soll und dass zufälligerweise gerade die SPÖ noch dieses Drittel hat. Aber dass Sie es für die Interessen der Bürger tun oder deshalb, um für das Parlament etwas Gutes zu tun, das nehme ich Ihnen nicht ab.

Da kommt dann der oberste Konsumentenschützer von der Arbeiterkammer, der an sich immer die Konsumenten und den Einzelnen vertritt, aber niemals die Interessen des Abgeordneten, hierher und streut Nebelgranaten: Die Länder sollen nachziehen! Wie kommt er darauf? – Ich denke, wir alle sollten zuerst vor der eigenen Haustür kehren und nicht immer verlangen – wenn wir uns schon zu einem Föderalismus bekennen –, dass die anderen etwas tun sollen. Wir sollten mit gutem Beispiel vorangehen.

Aber gerade die Verfahrensordnung, die Sie beschlossen haben, ist kein gutes Beispiel. Sie verschanzen sich darin hinter einem Beweisbeschluss, der tatsächlich wieder ein Mehrheitsinstrument ist. Sie sagen, dass Sie das an die Zivilprozeßordnung anlehnen, aber tatsächlich ist es keine Anlehnung an die Zivilprozeßordnung. Sie sagen, die strafrechtliche Qualität müsse aus dem Untersuchungsausschuss entnommen werden und dafür müsse ein Beweisbeschluss im Sinne der Zivilprozessordnung eingesetzt werden.

Wer die Zivilprozeßordnung kennt, weiß, dass ein Beweisbeschluss tatsächlich keine verfahrensanleitende Handhabe des Verfahrens ist. Er ist nämlich völlig unerheblich. Sie geben dem so genannten Beweisbeschluss hier eine ganz andere Qualität. Sie wollen auch in Zukunft nur das an Inhalt und Thema, an Beweismitteln, an Zeugen und anderen Dinge zulassen, was Ihnen genehm ist – mit Mehrheit.

Es geht Ihnen in Wirklichkeit auch nicht um Mehrheitsrechte, denn die Mehrheit hier im Hohen Hause war immer für ein Minderheitsrecht bei Untersuchungsausschüssen und für Kontrollrechte. Sie nicken, nicht mit dem Kopf. (Ruf bei den Freiheitlichen: Innerlich!) Soviel ich weiß, hat es Vertreter dafür aus beiden Lagern gegeben, aus der SPÖ, die eine lange Oppositionszeit durchgemacht hat, genauso wie aus der ÖVP, die auch lange in Opposition war. In dieser Zeit der Opposition waren Sie immer dafür, und es gab ein paar wackere Kämpfer, die auch noch darüber hinaus diesen Standpunkt vertreten haben. Es kommt gar nicht mehr so häufig vor, dass man seinen Standpunkt dann nicht wechselt. Aber es hat meiner Meinung nach immer eine Mehrheit dafür gegeben, auch für die einzelnen Untersuchungsausschüsse, nur hat das die Koalition nicht zugelassen.

Das war meiner Meinung nach nie eine Frage von Mehrheiten in diesem Haus – ich gehe einmal davon aus, dass es da und dort vielleicht doch noch ein gewisses ungebundenes, freies Mandat gibt –, sondern es war immer eine Frage des koalitionären Zwanges und der Räson, die Sie Ihren einzelnen Abgeordneten auferlegt haben. Sie durften in dieser Frage nie so abstimmen, wie sie es das eine oder andere Mal vielleicht tatsächlich gewollt hätten. Daher ist es nicht unbedingt eine Frage von Mehrheiten, im Sinne von parlamentarischen Mehrheiten, sondern immer nur eine Frage dessen, wer gerade mit wem in einer Koalition sitzt, um etwas zu verhindern, nämlich Aufklärung und Aufdeckung.

Ich glaube, dass es von der SPÖ hier wiederum so gespielt wird, dass jetzt wieder ein Schritt des Mutes kommt, aber schon wieder mit Einschränkungen verbunden, mit Mehrheitsregelungen in der Verfahrensordnung, mit dem Hinweis, dass andere Länder das auch nicht haben, und schon wieder Einschränkungen dessen, was man überhaupt tun darf, wie oft und in welchem Sinn. Der Mut wird schon wieder von der Angst abgelöst. In Wirklichkeit wechseln Mut und Angst einander permanent ab. Es geht Ihnen in Wirklichkeit nicht um Mut oder um Angst oder um Demokratie, sondern es geht Ihnen in Wirklichkeit darum, Aufklärung und Demokratie zu verhindern. Das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben!

Aber wir schauen uns gerne an, wie Sie es handhaben werden, ob das bloß ein Rohrkrepierer wird oder ob es tatsächlich zum Erfolg führt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.58


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