Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 9. Sitzung / Seite 33

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Danke vielmals, Herr Kiss! Womit hat unsere neue Außenministerin bei sich schon angefangen? Womit?

Gestern hatte ich das Vergnügen, den TV-"Report" zu sehen. Da hat eine neue Außenministerin, geprägt von wehleidiger Gekränktheit, nichts gewusst und gesagt: Leider hat mir niemand etwas gesagt von den konkreten Sanktionen, die zu erwarten sind. Es wurden nur Sorgen geäußert, und es wurden uns Beschwerden mitgeteilt, aber leider nichts Konkretes. (Abg. Mag. Steindl: Sie war hervorragend!)

Ich frage mich: Wozu brauchen wir denn eine Außenministerin? Wozu haben wir denn die österreichische Diplomatie? Ich habe geglaubt, die ist nicht so schlecht! (Zwischenruf des Abg. Jung. ) Es liegt da irgendwo ein Filter dazwischen, sodass nichts mehr wahrgenommen wird. Wozu halten wir uns denn all die Botschafter und so weiter, wenn nicht dafür, damit sie das Gras wachsen hören und uns genau das wiedergeben, was eben noch nicht in einer Erklärung schwarz auf weiß steht? (Abg. Dr. Puttinger: Herr Van der Bellen "hält" sich Menschen!) Das herauszufinden ist Aufgabe einer Außenministerin beziehungsweise einer Staatssekretärin! – Im Psychologischen nennt man ein solches Phänomen, glaube ich, Realitätsverlust: nicht wahrnehmen wollen, was draußen vorgeht.

Ich muss sagen: In der Regierungserklärung beziehungsweise in den heutigen Worten von Herrn Dr. Schüssel setzt sich diese Linie fort. Es ist darin von "Kritik des Auslands" die Rede. – Herr Bundeskanzler! Ist die Europäische Union wirklich "das Ausland" für Sie? Es ist mehrfach von den Vorurteilen und vorgefassten Meinungen des Auslandes, aber auch des Inlandes die Rede. – Meinen Sie wirklich, dass das die beste Ausgangsposition ist, um jenen jetzt zu erklären, was hier los ist und dass alles doch ganz anders sei?

Mich wundert nicht, dass die österreichische Außenpolitik zu einem ganz modernen Mittel greift, zu einem Instrument, das nicht billig ist, welches aber, wenn man Personal einspart, was ja die Absicht der neuen Bundesregierung ist, unterm Strich budgetneutral sein könnte, nämlich dem Instrument der großflächigen Anzeigen in internationalen Zeitungen. (Abg. Jung: Das hat die bisherige Regierung im "NEWS" ständig betrieben!) – Ich bin ohnedies der Meinung, dass die neue Regierung die alte Politik mit einer Hand voll neuer Gesichter macht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Da haben Sie vollkommen Recht!

Sie sollten sich halt besser daran erinnern, was alles Sie an der alten Regierung kritisiert haben! Das möchte ich erlebt haben, wie Sie reagiert hätten, wenn die neue SPÖ-ÖVP-Regierung oder irgendeine andere sich mit ganzseitigen Anzeigen in der "Herald Tribune" gerechtfertigt hätte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Martin Graf. ) Das hätte ich erleben beziehungsweise auch nicht erleben mögen, wie Herr Westenthaler dann gewettert hätte! Jetzt ist das total in Ordnung. In der Hilflosigkeit greift man natürlich auch zu solchen Mitteln! (Abg. Dr. Rasinger: Nachdem Sie es nicht der Mühe wert gefunden haben, Österreich im Ausland zu verteidigen!)

Meine Damen und Herren! Das ist Realitätsverlust in der Außenpolitik, den sie nach wie vor nicht ablegen können. Der Herr Bundeskanzler sagt uns hier etwa ernsthaft: Wir werden bereits in zwölf Monaten mit dem Euro bezahlen können! (Zwischenruf des Abg. Dr. Rasinger. ) – Super! Ist es jetzt schon der erste Erfolg der neuen Regierung, dass wir mit den Euro werden bezahlen können? (Abg. Dr. Martin Graf: Sicher!) Super! Ich sage Ihnen: Ich werde froh sein, wenn ich in einem Lokal in Deutschland, in Frankreich, in Spanien oder Portugal, wenn es mich dorthin verschlägt, als Österreicher etwas bestellen darf, geschweige denn dann in Euro bezahlen darf! Das ist ja das Problem! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) .

Herr Khol! Schauen Sie mich nicht so an mit Ihren Engelsaugen! Jeder Geschäftsreisende muss sich jetzt erst einmal rechtfertigen und sagen: Ich bin Österreicher, aber ich bin ein anständiger Geschäftsmann et cetera. – Nehmen Sie das zur Kenntnis! Das zu leugnen ist einfach nicht ehrlich! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Martin Graf: Sie müssen sich in einem Lokal halt ordentlich benehmen!)


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