Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 9. Sitzung / Seite 35

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berufen, als Beleidigung der Österreicher bezeichnet hat. – Das ist die Glaubhaftigkeit Ihres Regierungspartners! Das geht nicht gegen Sie persönlich!

Ich darf Ihnen noch zwei, drei Dinge sagen, um zu versuchen, Ihnen klar zu machen, warum sich viele Leute Sorgen machen und Ängste und Befürchtungen haben. Es geht dabei vorwiegend um die Menschenrechte, Bürgerrechte und sozialen Rechte. – In der Regierungserklärung heute war – außer ich habe es überhört – keine Rede von den Reformen im Justizbereich, die diese Regierung anstrebt. (Bundesminister Dr. Krüger: Das kommt dann von mir!) Die Rücknahme des Außergerichtlichen Tatausgleichs habe ich den Medien entnommen. Das war eine Errungenschaft! Wohin gehen Sie in diesem Zusammenhang? (Abg. Dr. Fekter: Es wird einen Ausnahmenkatalog geben!)

In der Regierungserklärung war keine Rede davon, dass Sie die Quoten bei der Familienzusammenführung zurücknehmen wollen. Im Koalitionsübereinkommen ist jedoch sehr wohl davon die Rede. (Abg. Dr. Khol: Aber erst, wenn der Rückstau abgearbeitet ist!) "Rückstau" ist ein dehnbarer Begriff. Ich möchte gerne wissen, ob sich die christlich-soziale Volkspartei zur Familie auch dann bekennt, wenn es sich um ausländische Staatsbürger handelt, die legal in Österreich wohnen. (Abg. Dr. Khol: Ja!) Warum sagen Sie das nicht? (Beifall bei den Grünen. – Rufe bei der ÖVP: Ja! – Abg. Schwarzenberger: Sicherlich!) Das sagen Sie jetzt! Von der Regierungsbank habe ich das nicht gehört. (Abg. Dr. Khol: Das ist enthalten!)

Die erweiterte Gefahrenerforschung bei der Polizei wird kommen. – Die Sozialdemokraten sollten sich darüber nicht aufregen, weil das mit ihnen auch vereinbart war. Das wird von der schwarz-blauen oder der blau-schwarzen Regierung übernommen! (Abg. Dr. Khol: Sie haben Angst vor den Grünen, und dass die Grünen das nicht wollen, verstehe ich gut!)

Ein Letztes in diesem Zusammenhang, nämlich die Skelettierung des Sozialministeriums: Das ist hoch interessant. Im Rahmen eines unscheinbaren Gesetzes, nämlich einer Reform des Bundesministeriengesetzes – wie ich annehme –, wird das Sozialministerium filetiert. Die Sektion Arbeitsmarktpolitik geht ins Wirtschaftsministerium. Das Arbeitsrecht geht ins Wirtschaftsministerium. Und zu allem Überdruss geht auch noch das Arbeitsinspektorat ins Wirtschaftsministerium. (Abg. Dr. Fekter: Sehr sinnvoll!) Sie sagen: Sehr sinnvoll!, und das sagt auch die Regierungsbank. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Dass gleichzeitig die Budgetmittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik gekürzt werden, haben wir in der Regierungserklärung nicht gehört. Das steht aber in Ihrem Programm und ist geplant. (Abg. Dr. Fekter: Sehr sinnvoll! Sehr sinnvoll!) Dazu sagen Sie: sehr sinnvoll! (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Der neue Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Martin Bartenstein will mit seiner neuen Doppelaufgabe das Klischee überwinden – das ist ein wörtliches Zitat –, dass es einen Gegensatz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gibt. – Ach wirklich? Es gibt nicht einen Gegensatz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer? (Abg. Öllinger: Das alte Modell kommt wieder!) Vor 60 Jahren hat man das "Volksgemeinschaft" genannt. Ihnen wird schon ein neuer Ausdruck einfallen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Khol: Wir nennen das Sozialpartnerschaft!) Das ist Sozialpartnerschaft? Wenn Sie Interessengegensätze gar nicht erst wahrnehmen, sondern sie schlichtweg leugnen, dann soll das Sozialpartnerschaft sein?! (Abg. Dr. Khol: Sie sind noch ein Anhänger des Klassenkampfes!)

Ich jedenfalls habe ein ganz anderes Verständnis von Sozialpartnerschaft! Sozialpartnerschaft setzt voraus, dass man gegenseitige Interessen erst einmal erkennt und nicht verwischt und sagt: Es ist ein Klischee, dass es irgendeinen Gegensatz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gibt. So etwas Plattes am Beginn einer Regierungsperiode hätte ich einem Wirtschaftsminister nicht zugetraut! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es wird noch genug Gelegenheit geben, etwas zum Budget zu sagen. Über die Budgetpolitik dieser neuen Regierung haben wir in dieser Regierungserklärung nichts erfahren. Aus den Zeitungen wissen wir, dass Steuern erhöht werden. Im "politspeak" heißt das neuerdings "Steueranpassungen". (Abg. Schwarzenberger: Der Bundeskanzler hat erwähnt, welche Steuern es sein werden!)  – Richtig, das hat er erwähnt! Es wird Steuererhöhun


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