Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 9. Sitzung / Seite 41

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Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen.) Gott sei Dank hat er wenigstens diesen einen Satz gesagt. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung SPÖ –: Das ist die Jungfernrede! Keine Zwischenrufe bei der ersten Rede!) Das ist das Verdienst der Menschen in diesem Land, meine Damen und Herren, und einer 30-jährigen sozialdemokratischen Regierungsverantwortung – und nicht das Verdienst der neuen Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Genauso wie das Regierungsprogramm enthält auch die Erklärung des Bundeskanzlers über weite Strecken viel Lyrik, sehr viel Lyrik, sehr viele Phrasen und eine große Inhaltsleere. Ich möchte sagen: Niemand ist frei davon, Unsinniges zu sagen – das Unglück ist nur, wenn es dann auch noch feierlich vorgebracht wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Alle konkret angekündigten Maßnahmen haben nichts, aber schon gar nichts mit dem zu tun, was Sie, Herr Bundeskanzler, Ihre "Leitlinien" nennen. Sie sprechen von Freiheit und setzen friedliche Demonstrationen mit radikalen Auswüchsen anderer Länder gleich. Sie lehnen Polarisierung ab ... (Abg. Dr. Ofner: Also die Demonstrationen mit verletzten Polizisten waren alle in Österreich, Frau Kollegin!) Lesen Sie bitte nach! (Abg. Dr. Ofner: Aber nicht im Ausland!) Der Herr Bundeskanzler spricht von friedlichen Demonstrationen in Österreich – und vergleicht sie mit radikalen Auseinandersetzungen im Ausland. (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger. )

Sie lehnen Polarisierung ab und lassen sich mit einer Partei ein, deren scheinbares Erfolgsrezept ausschließlich auf Polarisierung beruht, auf einem Vernadern und auf einem Gegeneinander. Sie beschwören Toleranz und Wahrung der Menschenrechte, auch heute wieder. Der Herr Bundespräsident musste Ihnen eine Präambel – ich möchte es hier nur in Erinnerung rufen – für Ihr Regierungsübereinkommen verfassen. Warum, frage ich mich; konnten Sie sich auf einen derartigen Text nicht gemeinsam einigen? Und Sie wundern sich ein weiteres Mal über die ausländischen Reaktionen. Dabei fällt mir ein Zitat von Madeleine Albright ein, die gesagt hat: Die Österreicher können wählen, wen sie wollen, aber wir bestimmen, mit wem wir Beziehungen pflegen. – So einfach ist das.

Wenn jemand angreift und beleidigt und nach Beliebigkeit wieder zurücknimmt, ist das kein Partner in der Welt, meine Damen und Herren! Ganz sicher nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie sprechen von "mehr Eigenverantwortung statt Bevormundung". Was meinen Sie – frage ich mich – mit "Missbrauch staatlicher Transfers"? Wo gehen Sie auf die Alleinerzieherinnen ein? Wo erwähnen Sie, dass Menschen, die tatsächlich am Rande stehen, ganz besonders unterstützt werden sollen? Wo sagen Sie, dass Langzeitarbeitslose tatsächlich Unterstützung bräuchten? – Nein, Sie werden sie in Zukunft offensichtlich einem ganz anderen Procedere unterziehen.

Ich möchte Ihnen einen Satz vorlesen, den ich heute gefunden habe:

Die Maßnahmen für Langzeitarbeitslose erinnern an Zwangsarbeit und sind ein menschenunwürdiges Ansinnen. – Zitatende.

Ich möchte Ihnen gerne sagen, wer das heute publiziert hat, nämlich die FCG, die das Koalitionsabkommen über weite Passagen ablehnt. (Beifall bei der SPÖ.) Da gebe ich der FCG ausnahmsweise hundertprozentig Recht. Ich möchte keinem Menschen in Österreich ins Stammbuch schreiben müssen, dass er offensichtlich in Zukunft Denkmalpflege lernen muss, weil er ja langzeitarbeitslos werden könnte.

Und immer wieder das Bekenntnis zur Toleranz. Von welcher Toleranz sprechen Sie da? Wo bleiben zum Beispiel die besseren Rechte für Lebensgemeinschaften? – Ich rede hier ganz deutlich nicht nur von den eheähnlichen Lebensgemeinschaften, sondern gezielt auch von den homosexuellen Lebensgemeinschaften. Das wäre ein Zeichen der Toleranz gewesen. Sie finden hier nicht einmal Erwähnung. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! In Sachen Toleranz und Integration werden Sie wahrscheinlich alle Hände voll zu tun haben. Fremdenfeindlichkeit, Ausgrenzung und Hass – wenn er steigt, dann wissen wir, dass die Menschen Angst haben. Viele Menschen haben heute schon Angst, und sie gehen


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