Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 9. Sitzung / Seite 54

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Ich weiß, es tut weh, nach 30 Jahren von der Macht Abschied zu nehmen. Das tut weh. Trotzdem sollten wir uns dazu bekennen: Demokratie ist ein Gut, das wir nicht durch Polemik aufs Spiel setzen sollten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte der neuen Regierung wirklich gratulieren. Ich glaube, man hätte diesen Wählerwillen des 3. Oktober nicht treffender und klarer formulieren können als mit dieser Überschrift für die heutige Regierungserklärung: "Österreich neu regieren". Das war der Wille des Wählers, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Das ist richtig! – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Das, was geschehen ist, ist in jeder westlichen Demokratie ein ganz normaler, natürlicher Vorgang, nämlich dass der Wähler entscheidet, und danach werden parlamentarische Mehrheiten gesucht. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es tut mir Leid, Herr Kollege, dass Ihre Partei zwar vielleicht den Willen, aber jedenfalls nicht die politische Kraft hatte, ein solches Paket der Erneuerung mit uns gemeinsam zu schnüren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Bauer: Ihr habt ja gar nicht richtig verhandeln wollen!)

Ich bin dem Kollegen Nürnberger – ich sage das ganz offen – eigentlich dankbar. Er hat als Mitglied des Verhandlungsteams und als führender Gewerkschafter einer freien Gewerkschaft nicht das gemacht, was uns in der vorigen Legislaturperiode passiert ist, sondern er hat das Abkommen nicht unterzeichnet, was viele, die wochenlang intensiv verhandelt haben, als nicht sehr fair bezeichnet haben. (Abg. Mag. Posch: Und wie ist die Haltung des Kollegen Neugebauer?)

Was meine ich damit? – Mir ist das lieber, meine Damen und Herren, als das, was wir hier im Hohen Hause bei der Pensionsreform 1997 erlebt haben. (Abg. Dr. Niederwieser: Road-Pricing!) Da haben alle von Ihrer Fraktion, von den Sozialdemokraten unterschrieben. Und was war dann hier im Parlament? – Ich musste als Mitglied des Sozialausschusses, als Mitglied des Finanzausschusses erleben, dass wir beide Ausschüsse drei Stunden lang unterbrechen mussten, bis der gleichzeitig tagende Bundesvorstand des ÖGB grünes Licht gegeben hat, meine Damen und Herren! Warum? – Weil Ihr Klubobmann Peter Kostelka uns gesagt hat: Egal, was vereinbart ist, der SPÖ-Klub kann nur zustimmen, wenn auch der ÖGB zustimmt. (Die Abgeordneten Dr. Fekter und Dr. Khol: Ja genau, so war es! – Abg. Silhavy: Stattdessen begeben Sie sich jetzt in die Geiselhaft Ihres neuen Koalitionspartners!)

Da waren wir in Geiselhaft der sozialistischen Gewerkschafter, Frau Kollegin. Und es ist Ihr Problem, wenn Sie als SPÖ in Geiselhaft Ihrer Gewerkschaften sind, aber ich als Parlamentarier möchte nicht in Geiselhaft von Gewerkschaftern sein, Frau Kollegin! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion! Es ist eine alte Grundregel des Parlaments, dass in der Regel die Lautstärke dann steigt, wenn die Argumente schwach sind. Sie beweisen das wieder! Sie beweisen wieder diese Grundregel. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich auch noch sagen: Ich bin der Letzte, der sich nicht zur Unschuldsvermutung bekennt. Für mich gilt auch für Bundeskanzler a. D. Viktor Klima die Unschuldsvermutung, solange nicht Beweise auf dem Tisch liegen. Aber ich muss schon sagen (Abg. Dr. Mertel: Was zwingt Sie denn dazu?): Was in Stockholm am 26. und 27. Jänner tatsächlich passiert ist, würde uns wirklich interessieren. (Abg. Dr. Fekter: Das pfeifen ja schon die Spatzen von den Dächern!) Ich unterstelle dem Bundeskanzler a. D. nicht, dass er das initiativ losgetreten hat! Aber es ist ihm zumindest nicht gelungen, seine sozialdemokratischen Staats- und Regierungsfreunde davon zu überzeugen, dass sie auf internationaler Ebene ein verzerrtes Österreich-Bild wiedergegeben haben, meine Damen und Herren! (Abg. Schieder: Das Österreich-Bild haben Sie sich vor allem selbst zuzuschreiben und Ihrer Hereinnahme der FPÖ in eine Regierung!)

Herr Kollege Schieder, sehen wir uns an, was zum Beispiel die angesehene "Neue Zürcher Zeitung" zum Thema Sozialdemokratie und Machtwechsel geschrieben hat. Meine Damen und Herren, ich zitiere die "Neue Zürcher Zeitung" vom Freitag, den 4. Februar:


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