Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 9. Sitzung / Seite 60

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rungsjahre kommen zu können, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Widerspruch von Bundesminister Dr. Bartenstein. )

Die Selbstbehalte, die da drinnen sind, und darüber hinaus auch die Frage der Verfügbarkeit der Handelsangestellten, das sind Dinge, die Sie überlegen sollten – ganz zu schweigen davon, was dazu ganz aktuell festzustellen ist. Ich denke da an jene Frauen, die jetzt nach der neuen Urlaubsaliquotierung in die Semesterferien gegangen sind. Die müssten nämlich heute schon auf dem Weg zurück sein, denn sie hätten nur zweieinhalb Tage Urlaubsanspruch. Das ist ein Faktum, das man nicht außer Acht lassen soll.

Oder zu dem, was Sie der Jugend anbieten: Probezeitverlängerungen, wodurch die Unsicherheit für die jungen Menschen hinausgezögert wird, eine "Tagesausbildungszeit" – ich zitiere – "bis 23 Uhr"; nachzulesen in Ihrem Programm. "Tagesausbildungszeit bis 23 Uhr" heißt es in Ihrem Programm. Es werden die Verhältniszahlen aufgeweicht, man will nicht sofort Geld zur Verfügung stellen, um den Lastenausgleich zwischen ausbildenden und nicht ausbildenden Betrieben herzustellen, sondern vielleicht im Jahre 2003. Es bleibt unklar, wie; das steht nämlich nicht klar drinnen, da wird kein Weg aufgezeigt.

Es steht in diesem Programm auch: Insgesamt wollen wir die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes entlasten. – Ich stelle fest, das ist eine sehr einseitige Entlastung. Für Arbeitgeber, Bauern, Hausherren rund 19 Milliarden Schilling an Ent lastung, für Arbeitnehmer 14 Milliarden Schilling an Be lastung. – Das sind Fakten, die Sie nicht leugnen können, da brauchen Sie nur Ihr eigenes Programm zu lesen.

Und das ist der rote Faden, der sich da durchzieht. Wir hatten in unserem Lande mehrere Jahrzehnte hindurch eine Linie: Die Wirtschaft hat dem Menschen zu dienen. – Jetzt ist es offenbar so, dass der Mensch der Wirtschaft zu dienen hat, zu Billigstpreisen, zu schlechteren Bedingungen als vorher.

Meine Damen und Herren! Das setzt sich fort auch unter dem Titel "Neue Ministeriumskompetenz": Für Wirtschaft und Arbeit ein Standortminister, nicht nur für die Wirtschaft zuständig, sondern auch für die Arbeitswelt. Was heißt das konkret? – Das gesamte Arbeitsvertragsrecht wird jetzt vom Standortminister behandelt. Das gesamte Arbeitnehmerschutzrecht wird vom Standortminister behandelt. Ich stelle mir vor, wie er auf der einen Seite die Freiheit der Wirtschaft, "Wirtschaftscharta" genannt, und auf der anderen Seite auch das Arbeitnehmerschutzrecht entsprechend behandelt. Das Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht wird vom Standortminister behandelt, die kollektive Rechtsgestaltung ist Sache des Standortministers, ebenso die Festsetzung von Lohntarifen.

Das ist Ihre Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz zu schweigen von der Arbeitsmarktpolitik, der Verfügbarkeit und der Arbeitslosenversicherung. Dem wird aber noch die Krone aufgesetzt – wahrscheinlich erscheint das der Bevölkerung nicht unbedingt wichtig –: Die Aufsicht über die Arbeiterkammern erhält der Standortminister ebenfalls. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wir haben so etwas in Österreich schon einmal gehabt: im Ständestaat. Wir sollten uns daran erinnern, dass das nicht gerade zielführend war. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir hatten noch nie so gute Voraussetzungen – und es ist das Erfolgsprogramm der abgelaufenen Regierung heute bereits sehr deutlich angesprochen worden –, aber warum nutzen wir dann diese guten Voraussetzungen nicht, um Menschen ab 40 Jahren länger in Beschäftigung zu halten? Warum nutzen wir diese guten Voraussetzungen nicht, um, statt das Pensionsalter anzuheben, den Menschen eine Chance zu geben, dass sie tatsächlich länger beschäftigt sein können, und zwar nicht so, dass mit Abschlägen und mit Beiträgen gedroht werden muss, sondern so, dass wirklich eine Verbesserung erzielt werden kann? (Beifall bei der SPÖ.)

Vergessen wir nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass es noch Gruppen in unserer Bevölkerung gibt, die mit der Anhebung des Pensionsalters überhaupt nicht zurechtkommen, zum Beispiel Piloten, die mit 60 aufhören müssen.  – Ich bin gespannt, was Sie denen dann


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