Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 9. Sitzung / Seite 98

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im Jahre 2015 auf 61,8 im Jahre 2030 ansteigen. Das heißt, im Jahre 2030 wird jeder dritte Bürger über 60 Jahre alt sein.

Die grundsätzlichen Probleme des Pensionssystems sind der Anstieg der Lebenserwartung, die Veränderung der Altersstruktur der Bevölkerung und die damit im Zusammenhang stehenden Auswirkungen auf die Arbeitsmarktsituation. Diese Probleme können nur durch drei Maßnahmen bewältigt werden, entweder durch Beitragserhöhungen oder durch ein späteres Pensionsantrittsalter oder durch Leistungskürzungen. Das geltende Pensionssystem beruht auf dem Umlageverfahren. Demgemäß werden die Pensionen durch die Beiträge der jeweils Erwerbstätigen finanziert. Nach diesem fiktiven Generationenvertrag finanziert die junge Generation unmittelbar die Altersvorsorge der älteren Generation.

Das österreichische Pensionssystem entspricht in seiner Konzeption dem Umlagemodell, das grundsätzlich auf dem Versicherungsprinzip beruht. Im Mittelpunkt steht die Erhaltung des Lebensstandards im Alter. Das österreichische Pensionssystem ist nunmehr durch die dramatische Entwicklung einzelner Indikatoren gefährdet. Betrachtet man die Entwicklung der einzelnen Indikatoren seit 1970, so wird die Dramatik der Situation deutlich. So haben sich die Pensionsausgaben mehr als verzehnfacht. Spätestens seit einer Studie des Beirates für Wirtschafts- und Sozialfragen, die im Jahre 1991 erstellt wurde, ist bekannt, dass das gegenwärtige gesetzlich verankerte Pensionsversicherungssystem und die dort zugesicherten Leistungen auf Dauer unfinanzierbar sind. Die zur Weiterführung des Systems in seiner bisherigen Form notwendigen Beitrags- und Steuererhöhungen würden zu einer Aufkündigung des so genannten Generationenvertrages führen.

Auch meiner vor wenigen Tagen abgetretenen Amtsvorgängerin war die Dramatik dieser Entwicklung klar bewusst, weshalb sie die Reihe der so genannten Pensionsreformen durch eine weitere Pensionsreform im Jahre 1997 fortgesetzt hat. All diese Pensionsreformen haben zu einer schleichenden Reduzierung der Pensionsleistungen, zum Beispiel durch Verschlechterung bei den Pensionsanpassungen, Verlängerung von Durchrechnungszeiten und Ähnlichem geführt, ohne das Pensionssystem als solches zu sanieren. So hat auch die Pensionsreform 1997, die von Ihnen, sehr geehrte Frau Kollegin Hostasch, in höchsten Tönen gepriesen wurde, ihr Ziel bei weitem verfehlt. Das haben Sie in letzter Zeit auch selbst erkannt, indem von Ihnen und Ihrer Fraktion die Notwendigkeit weiterer Reformen gesehen wurde. Dazu kam es allerdings erst nach der letzten Nationalratswahl vom 3. Oktober 1999.

Das Problem des gegenwärtigen Pensionssystems besteht im Wesentlichen nach wie vor darin, dass man weitestgehend auf dem Umlage- beziehungsweise Steuerzuschussverfahren beharrt hat, während international bereits teilweise bewährte Kapitaldeckungsverfahren berücksichtigt werden. Der dritte Beitragszahler, die Rendite der Finanzmärkte, bleibt in Österreich derzeit leider noch ungenützt.

Der von Ihnen selbst als Pensionsexperte herangezogene Universitätsprofessor Rürup hat dazu erst vor kurzem Folgendes ausgeführt: Die Zukunft gehört zweifellos Mehrschichtenmodellen. Die erste Schicht besteht hiebei aus einer umlagefinanzierten Basissicherung, die zweite Schicht ist eine kapitalgedeckte Betriebsvorsorge, ergänzt wird dies, als dritter Schicht, durch eine private Vorsorge. Ein solches Mehrschichtensystem ist in den Niederlanden, aber vor allem auch in der Schweiz bereits vorbildlich realisiert. In den Niederlanden entfallen 50 Prozent der Alterssicherung auf das umlagefinanzierte Basissystem, 40 Prozent auf betriebliche Zusatzsysteme und 10 Prozent auf die freiwillige Vorsorge. In der Schweiz lautet die Relation 42 Prozent Umlagefinanzierung, 32 Prozent betriebliche Vorsorge und 26 Prozent private Vorsorge.

Ein besonderes Problem bei der Finanzierung der Pensionen stellt das in Österreich besonders niedrige Pensionszugangsalter dar. Von 100 potentiell Erwerbstätigen – hören Sie genau zu! – zwischen 55 und 64 Jahren arbeiten in der Schweiz 71, in Norwegen 67, in Japan 64, in den USA 58, in Deutschland 39 und in Österreich nicht einmal 30 Erwerbstätige. (Abg. Schwemlein: Warum ist das Ihrer Meinung nach so?) Rürup sagt dazu, dass das tatsächliche Pensionsantrittsalter nur über ein echtes und effizienteres System als das der Reform des Jahres 1997 angehoben werden könnte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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