Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 128

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

reichischen Identität und haben nach dem Krieg den Großteil der Führungskräfte in Industrie und Wirtschaft ausgebildet.

Trotzdem und vor allem auf Grund der lange SP-dominierten Bildungspolitik ist die Bedeutung der Universitäten in der Öffentlichkeit in den vergangenen Jahren immer geringer geworden. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Der Hauptgrund dafür ist meiner Meinung nach der, dass bis vor wenigen Jahren mehr als 60 Prozent – ich betone: mehr als 60 Prozent! – aller Absolventen der Universitäten im Staatsdienst Verwendung fanden, wo das Einstellungskriterium in erster Linie der erworbene Titel und nicht das erworbene Wissen war. Dies hat nun zu einer Geringschätzung der Lehrinhalte geführt und andererseits das Vergeben eines Titels als Hauptzweck der universitären Ausbildung etabliert.

Diese Situation hat sich erst in dem Moment geändert, als das berufliche Fortkommen eines Absolventen nur vom erworbenen Wissen und nicht mehr vom Titel abhängig war, wie das heute in der Wirtschaft und in der Industrie überall der Fall ist. Auf einmal haben die Universitäten nun eine verantwortungsvolle Aufgabe zu erfüllen, was ihnen schwer fällt, denn das hat man ja bisher von ihnen nicht verlangt.

Dazu kommt, dass seit mehr als 20 Jahren SP-dominierter Politik versucht wird, die Universitäten zu reformieren beziehungsweise an die Bedürfnisse der Zeit anzupassen. Die Reformen begannen 1975 mit dem UOG und wurden 1993 mit dem neuen UOG fortgesetzt, wobei die Reformfreude des Gesetzgebers immer mehr zugenommen hat, sodass die Universitäten heute Umsetzungsprobleme mit diesen Reformen haben und ihre eigentliche Aufgabe, nämlich die Ausbildung von Studenten und die Forschung, nur mehr schwer oder gar nicht mehr wahrnehmen können.

Seit Anfang der siebziger Jahre wird also ununterbrochen an der Universität herumreformiert, wobei Österreich seit damals den höchsten Grad an Veränderungen und an Mitbestimmung auf allen Ebenen unter allen Universitäten der westlichen Welt aufweist. Die politisch Verantwortlichen gingen davon aus, dass gerade der hohe Grad an Mitbestimmung die Reformen beschleunigen werde. Das ist zwar prinzipiell richtig, aber es entstanden mehrere eher gegeneinander arbeitende Gruppen. Und in Deutschland hat man bereits in den siebziger Jahre erkannt, dass zu viel Mitbestimmung auf allen Ebenen die Funktionsfähigkeit behindert, und man hat viele der alten 68er-Regeln wieder rückgängig gemacht.

In Österreich ging man typischerweise zielstrebig weiter. Studiengesetz, Dienstrecht, UOG wurden unabhängig voneinander ohne gegenseitige Abstimmung beschlossen. Wir haben immer wieder davor gewarnt.

Dabei ist es doch so einfach, die Aufgabe einer Universität zu definieren: Sie soll eine exzellente, zukunftsorientierte, motivierte Ausbildung anbieten und Forschung auf internationalem Niveau betreiben. Unser Staat, der aufgebrochen ist, sich in einem großen Europa zu bewähren, scheint bislang seine SP-Bildungspolitik mehr an den östlichen Vorbildern als den westlichen zu orientieren. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser. )

Unsere Konkurrenten und Vorbilder können doch nur Universitäten wie jene in Bayern, in der Schweiz, in Holland sein. Diese Länder haben ähnliche Traditionen, und sie haben es geschafft, dass an ihren Universitäten wieder eine Aufbruchstimmung herrscht. Bei uns aber verlassen die besten Absolventen, gerade jene in den technischen Fächern, zu einem großen Prozentsatz das Land, aber nicht deshalb, weil sie das gerne tun, sondern weil sie in Österreich wenig Zukunftsaussichten haben.

Es ist sehr leicht, meine Damen und Herren, etwas kaputtzumachen. Es ist viel, viel schwieriger, dies wieder aufzubauen. Ich zitiere dazu Professor Gornik, der sagt: "Reformen können dadurch geschaffen werden, dass man auf den 30 Prozent Exzellenz, die derzeit noch immer an unseren Universitäten existieren, aufbaut."

Einen Stimmungsumschwung innerhalb der Universitäten herbeizuführen und das Leistungsprinzip ohne Rücksicht auf erworbene Rechte durchzusetzen, ist die einzige Möglichkeit, die


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite