Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 19. Sitzung / Seite 87

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Dieser Versuch, eine gewisse Unabhängigkeit des Aufsichtsrates zu erzeugen, liest sich zunächst einmal auf dem Papier gar nicht so schlecht. Wichtig ist in diesem Zusammenhang natürlich – ich würde es einmal so nennen – die Erstausstattung des Aufsichtsrates, und zwar jene zehn Personen, die dort jetzt konkret als Kapitalvertreter sitzen. Was sind das für Leute? (Abg. Dr. Stummvoll: Gute! Spitzenleute!)  – Das sind gute Leute als Manager. Das hat niemand bestritten. (Abg. Fischl: Das wollen wir ja auch!) Das hat auch Präsident Verzetnitsch nicht bestritten.

Ich habe ebenfalls nie bestritten, dass Herr Ditz oder Herr Streicher – und wie sie alle heißen – gute Manager sind beziehungsweise waren. Es war nie das Problem des Proporzes, dass ausschließlich "Vollkoffer" ausgewählt worden wären. Das war in der Vergangenheit nicht der Fall, das hat meines Wissens auch nie jemand behauptet. (Abg. Böhacker: Was soll das heißen?) Das Problem war ein ganz anderes, nämlich die politische Proporz-Besetzung. Und was haben wir hier? – Wir haben keine politische Proporz-Besetzung, sondern – das ist das, was ich Herrn Prinzhorn im Ausschuss bereits gesagt habe – wir haben eine Übernahme der ÖIAG durch Prinzhorn-Freunde. Das ist keine traditionelle Politisierung (Beifall bei den Grünen und der SPÖ), das ist kein Proporzwesen im alten Sinn, aber das ist vielleicht ein höchst moderner – ich möchte es unter Anführungszeichen setzen – "Nepotismus". (Neuerlicher Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Mir können Sie natürlich vorwerfen, ich käme nur von der Universität und hätte von der Praxis keine Ahnung. Aus diesem Grund lese ich Ihnen vor, was ein völlig unverdächtiger Zeuge sagt, der mit den Grünen gar nicht viel am Hut hat. Es ist Herr Dr. Haselsteiner. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Khol.  – Abg. Ing. Westenthaler: Der ist aber nicht unverdächtig!) In diesem Fall wünschte ich mir, er wäre noch im Nationalrat vertreten und könnte Ihnen das selbst sagen.

Er wurde von Ihnen, von FPÖ und ÖVP, zunächst einmal, wie man weiß und hören konnte, als Aufsichtsratsvorsitzender vorgeschlagen. (Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn: Laut Aktiengesetz ist das möglich!) Und dann haben Sie ihn quasi wieder umgebracht. Was hat Herr Haselsteiner zu diesem Thema zu sagen?

Der künftige Aufsichtsratspräsident der ÖIAG ist Stiftungsvorstand in der Prinzhornschen Privatstiftung. Das setzt ein Vertrauensverhältnis ersten Ranges voraus, eines, das bei weitem enger ist als etwa ein Naheverhältnis, das sich durch Zugehörigkeit zu ein und derselben Partei ergibt. – Zitatende.

Das ist jetzt das Problem. Und das nennen Sie Entpolitisierung? (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein schlechtes Zitat!) Das ist bis zu einem gewissen Grad formal korrekt. Aber wollten Sie mit Entpolitisierung wirklich diese Art der Nepotisierung? – Ich muss mir das jetzt vorstellen. Ich wollte sagen, ich kann mir das nicht vorstellen, aber das ist nun ein Faktum. Das sind ja Abhängigkeiten ganz neuer Art, deren Nachteile der alten Politisierung in gar keiner Weise nachstehen.

Ich möchte gar nicht auf die restlichen Personen eingehen. Es ist bekannt, dass ein weiteres Mitglied des Vorstandes der Prinzhornschen Privatstiftung Mitglied des Aufsichtsrates ist. Das ist für sich genommen keine Schande, aber in diesem Zusammenhang ist es schon erwähnenswert, dass Herr Mitterbauer, Präsident der Industriellenvereinigung (Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn: Ist der auch Mitglied?), auch Mitglied der Prinzhornschen Privatstiftung ist und es abgelehnt hat, Aufsichtsratmitglied der ÖIAG zu werden. Besteht da ein Zusammenhang oder nicht? – Unvereinbarkeiten hat Herr Mitterbauer in der einen oder anderen Form gesehen. Das nenne ich korrekt.

Meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ! Mit anderen Worten: Die erste Bewährungsprobe haben Sie nicht bestanden. Deswegen muss größtes Misstrauen dahin gehend bestehen, was Sie in Zukunft betreffend ÖIAG noch zu tun beabsichtigen.

Ich möchte jetzt gar nicht noch auf technische Details eingehen, die mir im Gesetzentwurf als legistisch verunglückt erscheinen – ich habe das bereits in der Ausschusssitzung erwähnt –,


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite