Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 19. Sitzung / Seite 164

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Nun noch einmal auf die Sache zurückkommend: Ich komme selbst aus einem Bereich, aus einem Bezirk, wo wir leidvolle Erfahrungen mit ausländischer Beteiligung gemacht haben. Bei uns im Bezirk Vöcklabruck gab es die Austria Faserwerke, die zu 49 Prozent in inländischem Besitz waren und zu 51 Prozent der Hoechst AG gehörten. Man hat vier Werke gehabt. Aus Kapazitätsgründen musste man eines zusperren, und man hat das österreichische Werk zugesperrt, das damals das bestgehende war, weil man es – damals noch unter Kohl – in Deutschland politisch nicht ausgehalten hätte, ein deutsches Werk zu sperren. Und diese Befürchtungen sind da. Ich gebe schon zu: Es gibt durchaus positive Erfahrungen mit ausländischen Beteiligungen und Betrieben, aber es gibt auch sehr viele negative Beispiele, und davor fürchten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in solch – auch für Österreich, meine ich – wichtigen Betrieben.

Die Privatisierungen im Rahmen der ÖIAG in den letzten Jahren sind sicherlich eine Erfolgsgeschichte gewesen, wofür die Koalitionspartner durchaus gemeinsam verantwortlich waren. Aber das, was jetzt passiert, ist sicherlich nicht mehr von der gleichen Verantwortung und Behutsamkeit getragen. Es hat einmal einen Martin Luther King gegeben, der gesagt hat: "I had a dream." Ähnliches könnte auch unser Präsident Prinzhorn sagen. Er hat auch einen Traum: Er möchte alles zu 100 Prozent privatisiert und verscherbelt haben.

Angesichts dessen bin ich natürlich ein bisschen verunsichert, aber Gott sei Dank gibt es den etwas aufmüpfigen Finanzminister Grasser – er ist heute schon einmal zitiert worden –, der die Betriebsräte und die Belegschaft von wesentlichen Unternehmungen beruhigt und gesagt hat, sie brauchen keine Sorge zu haben, dass die Anteile dieser Unternehmen im Ausmaß von über 25 Prozent plus eins hinaus verscherbelt werden.

Das heißt, da gibt es ein bisschen eine Diskrepanz zwischen Prinzhorn und Grasser. Aber Grasser hat mir heute gefallen, er ist auch nicht unbedingt dafür, das Karenzgeld für alle auszuzahlen. Da gibt es also gewisse Spannungen, deren Ausgang in der nächsten Zeit auch noch "spannend" sein wird.

Präsident Prinzhorn ist ähnlich wie sein Parteichef – jetzt hätte ich beinahe wieder "Führer" gesagt –, der gerne in Bierzelten redet, auch nicht mundfaul. Vielleicht sollte sich die ÖVP das "profil" vom 10. April ein bisschen genauer anschauen. Darin reklamiert er – vielleicht ist es tatsächlich so; das ist ein Prinzhorn-Traum und ein Prinzhorngesetz – die Wirtschaftspolitik für seine Partei und sagt: Im Übrigen sehe ich bei der ÖVP keine konkreten Ansätze, inwiefern sich die neu VP-Wirtschaftspolitik von der alten unterscheiden soll. – Das klingt einigermaßen kritisch. In Bezug auf Bundeskanzler Schüssel sagt er: Wie soll jemand, dessen Partei 30 Jahre Teil eines erstarrten Systems war, zu einer initiativen Reformregierung werden? – Die ÖVP ist also ein bisschen das Anhängsel der blauen Regierungstruppe, meint zumindest Präsident Prinzhorn.

Ich glaube, dass solche Vertreter der Wirtschaft wie Präsident Prinzhorn Anlass zur Sorge für uns sind, weil wir diese Denkweise kennen – eine Denkweise, die in allen Maßnahmen der neuen Bundesregierung zu erkennen ist: Abbau der Arbeitnehmerrechte, Zurückdrängen der Einrichtungen der Arbeitnehmer, die vielleicht durch Magna-Einrichtungen auf betrieblicher Ebene ersetzt werden, und keine überbetriebliche Stärkung. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)  – Da könnt ihr schreien, so ist es aber. Das gefällt vielleicht Kollegen Stummvoll, weil die Wirtschaftskammer noch nicht im Schussfeld ist. Die Wirtschaftskammer soll finanziell noch nicht eingeschränkt werden. (Abg. Dr. Stummvoll: Wir schränken uns selbst ein! Das ist der Unterschied!) Sie hat auch mehr Geld, das gebe ich zu. Aber das ist Methode. Das ist System. Das haben wir sehr genau erkannt, und das werden wir auch entsprechend bekämpfen. Eine "Prinzhornisierung" unserer Betriebe wollen wir wirklich nicht. Dagegen werden wir uns wehren! (Beifall bei der SPÖ.)

19.25

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.


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