Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 22. Sitzung / Seite 139

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reicht vom erfolglosen Staatspräsidenten Chirac über die korrupte belgische Regierung bis zum Westentaschen-Napoleon. – Mich würde übrigens interessieren, wie Sie das überhaupt in die französische oder englische Sprache übersetzen, wenn auf Deutsch gefragt wird: Frau Minister, was heißt eigentlich "Westentaschen-Napoleon"? – Die Veto-Drohungen, die Drohungen mit der Volksbefragung, die Drohungen mit "Lassen wir uns aus der EU ausschließen!", die Äußerungen über den Euro – das ist eine Serie an Äußerungen, die von Leuten getätigt wurden, deren Partei sich in Ihrer Regierung befindet. Von Minister Schmid rede ich gar nicht, der sich auch diesbezüglich zur Osterweiterung und zu anderen Themen geäußert hat.

Was machen Sie da? Wie äußern Sie sich dazu? Das ist ja eine entscheidende Frage, darin liegt der Schlüssel für die Lösung, bitte, denn das ist natürlich der Kern der Auseinandersetzung, um den kann man sich nicht herumschwindeln. Aber ich weiß schon, was das Problem der Freiheitlichen Partei ist. – Frau Minister, Sie werden mir wahrscheinlich zustimmen. – Werden Haider und andere stiller, entscheiden sie sich, innenpolitisch weniger zu provozieren, dann kann man in den Meinungsumfragen förmlich beobachten, wie die Zustimmung immer geringer und geringer wird.

Das ist für die FPÖ à la longue natürlich letal, weil dann das Projekt Regierungsbeteiligung gescheitert ist. Werden aber Haider und andere seiner Mitstreiter in der FPÖ immer lauter und lauter, dann geht die Regierungskoalition in die Luft. Und das ist immer wieder das Grunddilemma dieser Regierung: Dass in der FPÖ dauernd versucht werden muss, diesen komplizierten Spagat zu spannen zwischen den verschiedenen komplizierten Wählergruppen, die die FPÖ mit ihrer unsäglichen Politik anscheinend zusammengesammelt hat. Auf der Basis dieser Problematik hat das letztlich Auswirkungen auf die Außenpolitik. So sehr Sie sich auch bemühen, Sie brauchen natürlich auch die Unterstützung der ganzen Bundesregierung, nicht das Schweigen des freiheitlichen Teiles, wenn diese Äußerungen getätigt werden. Die müssen sich distanzieren.

Sie brauchen natürlich auch die Unterstützung Ihres Bundeskanzlers, Frau Außenminister, insbesondere in der Frage der Androhung der Volksbefragung, wobei er sich von der FPÖ in Geiselhaft nehmen hat lassen. (Abg. Dr. Khol: Mach dir keine Sorgen!) Eine Frage, Herr Klubobmann Khol – Sie sind ja einer der kreativsten in der Gruppe der ÖVP –, könnten Sie ja auch einmal beantworten: Was ist denn nach der Volksbefragung? Was ist denn, wenn die Volksbefragung vorbei ist? Sie stellen sich her und sagen: Machen wir eine Volksbefragung! (Abg. Fischl: Sie wissen das genau, was nachher ist! Sie denken schon lange darüber nach! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In Wirklichkeit wollen Sie dieses Projekt der Steuergeldverschleuderung machen, weil Sie sehr gut selbst wissen, dass Sie am 3. Oktober kein Votum für diese schwarz-blaue Regierungskonstellation bekommen haben. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ.) Daher stellen Sie sich hin und sagen, quasi in einer "No-na!-Fragestellung": Wollen Sie weiter am Sonntag ein Wiener Schnitzel haben oder nicht mehr, sollen wir es Ihnen verbieten? Das ist eine "No-na!-Fragestellung". Wollen Sie sich eine Legitimation für diese Regierungskonstellation holen? – Das ist es, warum darüber nachgedacht wird. (Abg. Jung: Das tut Ihnen offensichtlich weh, sonst würden Sie nicht so lange darüber reden!) Sie denken aber keinen Tag länger, Sie denken keinen Millimeter weiter, was es bedeutet, wann das stattfindet. Im übrigens hat "NEWS" heute eine Gallup-Umfrage veröffentlicht, die zeigt, dass die Mehrheit der Österreicher das durchschaut hat und diese Volksbefragung gar nicht will.

Das sage ich Ihnen nur so am Rande, damit Ihre Populismuseuphorie, die sich da entwickelt hat, wieder ein bisschen gedämpft wird. Volksbefragungen sind für Sie ja Glaubenssätze. Geht der Prozentsatz derer, die hinter Ihrem Vorhaben stehen, hinunter, ist Ihre Begeisterung gleich wieder gedämpft. Diese Frage, Frau Minister, müssen Sie mir beantworten: Was antworten Sie, wenn bei einem Ihrer nächsten Treffen in der EU die Frage gestellt wird, was dann gelöst ist, wenn die Volksbefragung am Tisch liegt? – Es löst das Grunddilemma nicht, und das Grunddilemma ist letztendlich die FPÖ. (Abg. Jung: Vielleicht löst es bei Ihnen einen Nachdenkprozess aus!)


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