Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 25. Sitzung / Seite 17

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 12 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

9.32

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Meine beiden Vorredner haben sich ja heute schon zu Beginn der Sitzung um einen Titel gebalgt, und zwar um den Titel "Schutzmacht der Autofahrer". "Schutzmacht der Autofahrer": Das scheint der höchste Ehrentitel zu sein, den sie sich gegenseitig streitig machen oder geben können.

An diesem Streit, meine Damen und Herren, werde ich mich nicht beteiligen, denn ich sehe in den Grünen und in allen Menschen, die in der Verkehrspolitik ein wenig in die Zukunft schauen, die Schutzmacht beziehungsweise die Lobby für eine gerechte Mobilität. (Beifall bei den Grünen.)

Die gerechte Mobilität besteht aber nicht darin, dass jeder Mensch gezwungen wird, mit dem Auto zu fahren, wenn er seine Mobilitätswünsche erfüllen will, wenn er seine Mobilitätsnotwendigkeiten sozusagen versorgt sehen will, sondern nur darin, dass es einen vernünftigen und klugen Mix zwischen öffentlichen Transportweisen und dem Transport mit einem privaten PKW gibt, und das sowohl im Güter- als auch im Personenverkehr.

Das muss uns bei der Planung der zukünftigen Verkehrspolitik auch deswegen klar sein, weil schon seit dem Jahre 1995 laut den Feststellungen der Europäischen Verkehrskommission – und die ist ja beileibe kein Vorreiter in Öko-Angelegenheiten – feststeht, dass das Verkehrsproblem in den europäischen Zentralräumen nicht mehr – nicht mehr! – ausschließlich nur durch den PKW bewältigbar sein wird, und zwar schon auf Grund der enormen Folgen, die das für die Luftqualität und auch für den Raumbedarf in den Städten und für Nutzungen im öffentlichen Raum hat.

Sie alle, meine Damen und Herren, haben wahrscheinlich die Debatte und die Auseinandersetzungen in Italien über den so genannten autofreien Sonntag –zumindest am Rande – verfolgt. Dieser autofreie Sonntag als Mittel der Bewusstseinsbildung war auch deswegen notwendig geworden, weil Italien früher das getan hat, was Sie, Herr Verkehrsminister, und was diese Koalition betreffend die öffentlichen Verkehrsmittel jetzt plant: nämlich das, was noch vorhanden ist – und es ist bei weitem nicht das, was man unter einem qualitätsvollen öffentlichen Verkehr verstehen könnte –, noch weiter zusammenzukürzen und kaputtzusparen. Diese Haltung lehnen wir ab, und deswegen können wir diesem Budgetkapitel auch nicht zustimmen.

Es darf nicht sein, dass die Verkehrsverbünde, deren Installierung enorm schwierig war – vor allem für die Zentralräume; ich denke da an Westösterreich und auch an den Großraum Wien –, so schwer wiegende Kürzungen hinzunehmen haben, dass es entweder zu enormen Tariferhöhungen wird kommen müssen – für die Pendler, die Hauptbetroffenen, oder für ökologisch orientierte Menschen – oder aber dass Verkehrslinien, dass Teile dieses Verkehrsnetzes eingestellt werden müssen.

Meine Damen und Herren! Mit dieser Politik treffen Sie wirklich die Schwachen. Sie treffen mit der Politik der Einstellung von Nebenlinien und durch Kürzungen und Verteuerungen in den Verkehrsverbünden all diejenigen, die nicht über ein Auto verfügen – entweder noch nicht, weil sie noch in die Schule gehen, weil sie noch keinen Führerschein haben, oder nicht mehr, weil sie zu alt geworden sind, um ein Auto sicher steuern zu können. Diese Menschen werden dann – vor allem dann, wenn Sie die Nebenbahnen in die Regionen hinaus einstellen – schwerste Mobilitätsnachteile hinnehmen müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Sie sprechen in diesem Zusammenhang immer von "Geisterzügen", und zwar von "Geisterzügen", die durch die Landschaft fahren, und deswegen müsse man sie einstellen. An dieser Stelle ist aber zuerst einmal die Frage zu stellen: Warum sind die Nebenbahnen zu Geisterzügen geworden? Warum haben es die letzten Koalitionsregierungen so "effizient" geschafft, den öffentlichen Verkehr in die Regionen hinaus so auszudünnen – es wurden zum Teil wichtige Verbindungen herausgenommen –, dass es gar nicht mehr möglich


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