Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 28. Sitzung / Seite 106

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Lehner und Andrea Weber – herausgegeben. Sie fragen darin: Warum ist es sinnvoll, die Lohnnebenkosten zu senken? – Vor allem zwei Argumente sprechen dafür: die damit verbundene Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit – das spielt in einer kleinen, offenen Volkswirtschaft wie der österreichischen für das Wirtschaftswachstum eine besondere Rolle – und die Erhöhung der Beschäftigungsintensität des Wachstums.

Der Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen, bitte immerhin ein ThinkTank der Sozialpartner, hat es kürzlich so formuliert: "Wenn das wirtschaftliche Hauptproblem Europas die völlig unbefriedigende Beschäftigung ist, muss es Hauptaufgabe der Steuerpolitik sein, unterstützende Beiträge für mehr Beschäftigung zu liefern. Der wichtigste Ansatz wird dabei die Senkung der Lohnnebenkosten sein." – Da haben Sie noch gewusst, was wirtschaftlich vernünftig ist! (Abg. Dr. Khol: Aha! – Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Daher: Wir werden uns da nicht beirren lassen. Wir werden diese Linie gehen, weil sie im Interesse der Arbeitsplätze und auch der Beschäftigten ist. (Abg. Dr. Gusenbauer: Geht der Finanzminister mit?)

Meine Damen und Herren! Für mich ist alles sozial gerecht, was Arbeit schafft. Sozial ungerecht ist daher alles, was Arbeit behindert. Wir müssen daher zu einer Belohnungs- statt zu einer Bestrafungsstrategie kommen. Alles ist sozial gerecht, was Arbeit vermittelt und nicht Arbeitslosigkeit einfach verwaltet. Daher auch eine Lockerung der Zuverdienstgrenzen. Daher unser Programm, den Arbeitslosen mehr Qualifikation, mehr Bildung, aber auch Anreize, gemeinwirtschaftliche Tätigkeiten zu übernehmen, zu geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sozial gerecht ist für uns von den Regierungsfraktionen alles, was allen Kindern gleiche Chancen bietet. Wenn wir den Kindern Zeit anbieten, Zeit von ihren Eltern – zwei Jahre für einen Partner, ein Jahr für den weiteren Partner –, dann ist das wahrscheinlich die wichtigste Investition für eine familien- und kinderfreundliche Gesellschaft und im Hinblick auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die wir uns überhaupt vorstellen können, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Vielleicht ist es Ihnen entgangen, aber eine kleine Statistik, vor kurzem publiziert, hat mich sehr nachdenklich gemacht. Im Jahre 1999 ist zum ersten Mal seit 15 Jahren die Zahl der Todesfälle wieder größer als die Zahl der Geburten. Daher: Hören wir auf, so kurzfristig und kurzsichtig zu denken! Investitionen in Kinder, in Familien sind Investitionen in die Solidarität und in die Wärme unserer Gesellschaft, und das muss es uns wert sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Bures. )

Sozial gerecht ist für uns auch, dass wir in Generationen denken, Frau Abgeordnete, und nicht heute alles verbrauchen, was auch für die Zukunft und für die anderen, für die Jungen vorgesehen ist. In Generationen denken heißt, dass wir nicht ununterbrochen auf den Privilegien oder wohlerworbenen Rechten einer Gruppe beharren können.

Wenn wir etwa an die Pensionen denken, dann, muss ich sagen, ist hier natürlich in wenigen Tagen oder Wochen die Stunde der Entscheidung gekommen. Vor 50 Jahren wurde sieben Jahre länger gearbeitet und zwölf Jahre kürzer in der Pension gelebt. Jeder, der heute behauptet, man bräuchte nicht zu handeln, man bräuchte nichts zu tun, der gefährdet meiner Meinung nach den sozialen Frieden und die Integrationsfähigkeit unserer Gesellschaft viel mehr, als wir es mit unseren Reformen tun. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen auch sehr offen: Sozial gerecht ist für mich, rechtzeitig zu handeln und auch die Schwachstellen aufzudecken. Es ist nicht sozial gerecht, wenn wir jedem auf Kosten der Kassen oder der Allgemeinheit ein Kopfwehpulver geben. Aber es ist sozial gerecht, wenn wir wirklich ein Gesundheitssystem erhalten, das nicht ab einem bestimmten Alter Menschen Medikamente nicht mehr zugänglich macht.

Ich halte es für einen der großen Skandale, dass jüngst aufgedeckt wurde, dass ein Chefarzt einer Sozialversicherung laut bestehenden Vorschriften einer Frau (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler )  – das war damals schon eine andere politische Zuständigkeit, das sei auch einmal


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