Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 28. Sitzung / Seite 155

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den. Darauf sollte man sich auch ein bisserl besinnen, denn beim Kapitel Finanzen muss jetzt wohl auch die Frage nach den Defizitquoten und den Staatsschuldenquoten im Allgemeinen gestellt werden. Das ist natürlich ein Punkt, der aus zwei Gründen auch von der grünen Fraktion als ein Punkt erkannt wird, den man nicht umgehen kann.

Erstens: Beitritt in den Euro-Raum. Ich habe es vorhin schon erwähnt: Es ist kein Naturgesetz, dass eine Defizitquote von 1, 2 oder 3 Prozent oder auch von 0 Prozent per se gut oder schlecht ist. Das ist vielmehr auch der Ausfluss einer politischen Vorgabe, in diesem Fall der wesentlichsten Staaten der Europäischen Union, welche Art von Wirtschaftspolitik und damit auch – weil das eben eine integrative Sache ist – von Budgetpolitik und Beschäftigungspolitik überhaupt gemacht wird.

Aufgrund der Währungsunion kann es klarerweise keine autonome Geldpolitik mehr geben, es kann nur mehr ganz schwer eine autonome Fiskalpolitik geben, und in Wahrheit kann wegen der Mitnahmeeffekte und der Streuverluste von beschäftigungspolitischen Maßnahmen eine wirklich tragfähige Beschäftigungspolitik auch nur mehr eine gemeinsame sein.

Daher halte ich es für so pervers ... (Abg. Böhacker: Was? – Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll. ) Wo vermuten Sie eine Ordnungsruffähigkeit? (Abg. Böhacker: Es war knapp daran vorbei! Die Reifen quietschen noch! Aber fahren Sie doch fort, Herr Kollege!) Wollen Sie das aufhalten? (Abg. Auer: Müssen wir weiterhelfen? – Abg. Dr. Stummvoll: Keine Zwischenrufe!)

Herr Kollege Stummvoll! Irgendwann muss selbst bei diesen banalen Dingen einmal das Richtige gesagt werden: Die Beschäftigungspolitik zu nationalisieren und alle anderen wesentlichen Elemente der Wirtschaftspolitik auf die höhere Ebene der EU oder auf den Euro-11-Raum abzustellen, heißt natürlich nichts anderes, als die Beschäftigungspolitik blöd sterben zu lassen, außer die Maßnahmen sind schwer koordiniert. Das sind sie aber nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Die nationalen Aktionspläne zur Beschäftigung sind unter diesem Titel natürlich in gewisser Weise ein Sand-in-die-Augen-Streuen für engagierte europäische Beschäftigungspolitik, die das Vollbeschäftigungsziel noch nicht vergessen hat. Aber das geht ganz offensichtlich maximal aus den Papieren hervor, und diese würde in dieser Hinsicht ich als Makulatur bezeichnen!

Die gleiche Haltung und gleiche Philosophie führen aber dazu, dass wir angehalten sind, besonders niedrige Defizitquoten zu haben, nicht nur Staatsschuldenquoten, sondern auch Defizitquoten. Jetzt könnte man sagen: Bevor diese allzu hoch werden, hätte jeder nationale Staat allein auch schon einen Sparauftrag. In diesem Punkt stimmt die grüne Fraktion zu. Was aber völlig übersehen und überhaupt nie mehr in Österreich debattiert wird, ist, dass dieser Euro-Raum einfach eine neoliberale wirtschaftspolitische Veranstaltung ist, was er gar nicht sein müsste, weil eine Einheitswährung etwas durchaus Gescheites ist, wenn die anderen wirtschaftspolitischen Instrumente entsprechend abgestimmt wären. (Beifall bei den Grünen.)

Das hieße natürlich auch, dass es andere Budgetvorgaben geben könnte als die zwei, ein oder null Prozent und dass sich Österreich – wie es mittlerweile ausschaut – nicht auch noch als eines der Ursachenländer für den weichen Euro plötzlich an den Pranger stellen lassen müsste.

Ich gebe aber zu, dass es mir andererseits – und wir werden sehr wohl darauf zu schauen haben, wo zu sparen ist – mittlerweile als sehr bedenklich erscheint, dass wir hinsichtlich der Defizitquote tatsächlich Schlusslicht der Euro-11 werden. Das irritiert selbst einen leicht keynesianisch angehauchten Menschen wie mich, und zwar nicht, weil man sich grundsätzlich genieren muss, wenn man in irgendeinem Punkt hinter mediterranen Ländern liegt. Ich möchte behaupten, dass diese uns in vielen Dingen sehr viel voraus haben, jedenfalls kulinarisch, aber auch sonst. (Zwischenruf des Abg. Böhacker. ) Sie verstehen von der Geschichte wirklich so wenig, dass nicht einzusehen ist, wieso Sie da dazwischenkeppeln müssen! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Der Punkt ist, dass man sich anschauen muss, wo diese Länder vor wenigen Jahren gestanden sind und warum sie es doch geschafft haben, einen derartigen Prozess einzuleiten. Da würde sich der Schluss anbieten, dass Österreich diesbezüglich tatsächlich besonders säumig war.


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