Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 32. Sitzung / Seite 181

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stimmig appellieren, aber Sie schweigen darüber, dass der Bundeskanzler ein halbes Jahr auf Tauchstation ist! Das geht für mich nicht zusammen. (Beifall bei den Grünen.)

Dazu noch ein Wort direkt an den Herrn Bundeskanzler beziehungsweise auch an den zuständigen Herrn Umwelt- und Landwirtschaftsminister Molterer: Es war ja schon Ihre Klarstellung der Kompetenzlage sehr deutlich, Herr Bundeskanzler. Ich danke Ihnen dafür! Sie zeigt klar und deutlich, dass Sie persönlich als Kanzler das atompolitische Problem, auch Temelin, nicht als Chefsache betrachten. Nur: Für uns war es immer Chefsache, und frühere Bundeskanzler bekannten sich auch dazu, dass es Chefsache war. Es gab einen Bundeskanzler Vranitzky, der sich zu einem atomfreien Mitteleuropa bekannte, und es gab einen Bundeskanzler Klima, der sich immerhin wiederholt angesprochen sah, obwohl er damals immer Frau Ministerin Prammer ins Feuer schickte.

Es war schon damals eine gewisse Kaskade nach unten zu sehen, aber bei Ihnen, Herr Bundeskanzler – nehmen Sie es mir nicht übel! –, habe ich den Eindruck, Sie halten immer die Handbremse. Damals als Außenminister waren Sie auch schon immer eher zurückhaltend, was den antiatompolitischen Kurs Österreichs anlangte, aber jetzt als Bundeskanzler betätigen Sie neben dem Bremspedal auch noch die Handbremse.

Herr Minister Molterer! Ich nehme es Ihnen persönlich durchaus ab, dass Sie sehr aktiv sind: dass Sie Gespräche führen, dass Sie Briefe schreiben, dass Sie auch verhandeln. Das Problem ist nur: Sie verhandeln mit jenen Personen, die ohnehin schon unserer Meinung sind. Verheugen teilt unsere Meinung, der tschechische Umweltminister teilt unsere Meinung. Wer nicht unsere Meinung teilt, das sind Zeman sowie der Industrieminister Gregr. Mit ihnen müsste man in erster Linie reden, und das verlangen wir immer wieder! Wir verlangen die Abhaltung von Gipfelgesprächen zu diesem Thema, wir fordern, dass die Frage der Anti-Atompolitik zur Chefsache erklärt wird, und wir fordern immer wieder Gespräche und Verhandlungen auf höchster bilateraler Ebene ein. Deshalb mein Vorwurf der Handbremse Ihnen gegenüber, Herr Bundeskanzler!

Ich möchte noch einmal betonen, dass es auch vorher schon, unter der Ägide von Bundeskanzler Klima, immer hieß: Das Außenministerium bremst, das Außenministerium blockiert. Sie saßen in maßgeblicher und entscheidender Position im Außenministerium und haben immer wieder auf Grund diplomatischer EU-Überlegungen et cetera – bitte, das unterstelle ich Ihnen jetzt; ich persönlich war ja nicht direkt dabei – doch eher die weiche Linie verfolgt.

Das Ergebnis dieser weichen Linie sehen wir heute. Wir werden es leider auch am Samstag und Sonntag sehen, wenn entgegen jeglicher Sicherheitsvorkehrungen dann die Brennstäbe in ein Kraftwerk eingeführt werden, bei dem Pannen, Pleiten oder gar ein Desaster mehr oder weniger an der Tagesordnung sind und in dem die atomare Technologie mehr oder weniger auf Tschernobyl-Niveau verharrt ist.

Sie sind angesichts dieser Entwicklungen mehr oder weniger untätig geblieben. Ich sage "mehr oder weniger", denn einige Elemente Ihrer Tätigkeit haben Sie uns ja heute aufgezählt, wobei Sie darauf hingewiesen haben, dass Sie ja gestern oder heute einen Brief an Präsident Zeman geschrieben haben. Gestern oder heute – das ist schon reichlich spät, wo Sie doch zum Beispiel sehr wohl auch schon im Herbst – damals waren Sie noch Außenminister – im Zuge der Verhandlungen des Energieprotokolls – Beitrittsverhandlungen waren ja damals schon anberaumt – die österreichische Position, die ja das Parlament beschlossen hat, hätten ins Treffen führen können.

Aber als Außenminister haben Sie sich immer schon sehr zurückgehalten, und als Bundeskanzler wird sich das vermutlich noch potenzieren und steigern. Diesen Eindruck habe ich sehr, sehr stark.

Auch was Ihre wortgewaltigen Darlegungen betrifft – entschuldigen Sie, aber ich habe das ja alles sorgsam mitgeschrieben (die Rednerin sucht in ihren Unterlagen nach den Aufzeichnungen) – , dahin gehend, dass die linke Regierung in Tschechien sozusagen nicht bereit sei, einer rechtskonservativen Regierung in Österreich in atompolitischer Hinsicht das Ohr zu schen


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