Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 28

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einer korrekten und einer, wie ich meine, auch den damaligen Ereignissen Rechnung tragenden Form geschehen ist.

Vielleicht hat es nach 1945 in dem Bestreben, viele der in die Ereignisse vor 1945 Involvierten wieder in den demokratischen Prozess einbeziehen zu wollen, durchaus Vorgangsweisen, Bewertungen gegeben, die der einen oder anderen Schuld des einen oder anderen natürlich nicht ganz gerecht wurden.

Es ist schon richtig, dass es darum gegangen ist, die Minderbelasteten wieder in den demokratischen Prozess zu integrieren, aber es hat natürlich da und dort auch ein Augenzwinkern und ein Spekulieren mit Wählerstimmen ehemaliger Mitglieder der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei gegeben. Es ist dadurch natürlich auch oft zu einer Schieflage der Bewertung der Ereignisse vor 1945 gekommen.

Es ist ein Faktum, dass die Zwangsarbeit eine der Grundlagen war, damit es überhaupt eine Kriegsproduktion geben konnte. Es ist ein Faktum, dass diese Zwangsarbeit natürlich für eine Kriegsproduktion, für einen Krieg, der ein rassistisch, weltanschaulich motivierter Angriffskrieg war, missbraucht wurde. Das ist ein Faktum, dem man sich stellen muss. Das ist auch wichtig, wenn man diese Zwangsarbeit letztendlich in der vollen Tragweite beurteilen will. Es sollte auch unser Bestreben sein, das zu sehen.

Daher kann überhaupt keine Rede von einer "ordentlichen Beschäftigungspolitik" im "Dritten Reich" sein, sondern in Wirklichkeit war diese Zwangsarbeit die Basis dafür, dass diese Kriegsproduktion überhaupt möglich war. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es hat natürlich entsetzliche Schicksale gegeben. Im Rahmen dieser Zwangsarbeit hat es natürlich viele Tote, viele Opfer gegeben. Ich finde, das sollte man all jenen klarmachen, die auch heute noch mit einer sauren Miene im Gesicht nicht wollen, dass es diese Entschädigung für die Zwangsarbeiter in der Zeit des Nationalsozialismus gibt. Sie sollen von uns hier hören – daher bin ich so froh, dass es diesen Vier-Parteien-Antrag, dieses gemeinsame Auftreten in dieser Sache gibt –, dass die Republik eine eindeutige Stellung gegenüber diesen Ereignissen vor 1945, in der Zeit des Nationalsozialismus gefunden hat.

Es ist wichtig, dass in diesem Zusammenhang auch die Geschichtsbewertung ihren Stellenwert bekommen soll. Ich finde es daher – das möchte ich kritisch anmerken – nicht ganz verständlich, wenn die Wirtschaft, die ebenfalls ihren Beitrag zu leisten hat, zögert. Man soll bitte nicht vergessen, dass von Zwangsarbeitern in der Zeit des Nationalsozialismus Werte geschaffen wurden, von denen die Österreicherinnen und Österreicher nach 1945 beim Wiederaufbau dieser Republik profitiert haben. Man darf nicht vergessen, dass Gewinne gemacht wurden und dass diese Werte und Gewinne nach 1945 nie entschädigt wurden.

Daher ist es so entscheidend, dass wir 55 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges – ohnehin spät, sage ich jetzt einmal – diesen Schritt setzen. Ich habe mit großer Betroffenheit die Diskussion in dieser Arbeitsgruppe zur Erstellung dieses Gesetzes mitverfolgt, in der gesagt wurde: Beeilt euch, denn jene, die wir entschädigen wollen, sind hochbetagt.

Aber nichtsdestotrotz ist es wichtig und, so glaube ich, das richtige Signal sowohl gegenüber den Betroffenen als auch grundsätzlich, dass wir uns zusammenfinden. Daher – jetzt möchte ich diesen Gedankengang fortsetzen – verstehe ich es nicht, wenn die Resonanz aus Teilen der Wirtschaft etwas zögerlich ist, sich auch in einem adäquaten Ausmaß zu engagieren, also finanziell zu beteiligen. Das muss nicht nur aus Einrichtungen, Betrieben oder Unternehmungen sein, in denen nachweislich erkennbar ist, dass sie davon profitiert haben, sondern ich glaube, dass es durchaus auch angebracht ist, wenn das darüber hinausgeht. Das sind nicht nur private Einrichtungen, wie wir wissen, aber gerade aus diesen privaten Bereichen kommen unterschiedliche Signale. Daher denke ich, dass es entscheidend ist, dass auch klargestellt wird, dass eine finanzielle Beteiligung vonnöten ist, und ich denke, dass durchaus noch der nötige Druck zu erzeugen und die nötige Überzeugungsarbeit zu leisten sind.


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