Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 113

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Meine Damen und Herren! Man muss sich einmal vorstellen, was da wirklich passiert ist, und daher möchte ich Ihnen diesen Brief, diese Zeilen wortwörtlich zu Gehör bringen. Ich zitiere also weiter:

"Zur Erleichterung dieser Arbeit haben wir dir", liebes Mitglied, dessen Hilfe wir ja brauchen (Abg. Schwemlein: Da sehen Sie, was wir für einen freundlichen Umgangston haben!), "folgende Unterlagen zukommen lassen:

a. das Wählerverzeichnis deines eigenen Wohnsprengels (also jene ca. 500 Personen, die in diener unmittelbaren Nachbarschaft wohnen). Solltest du von einer oder mehreren dieser Personen vermuten, dass sie SPÖ wählen, möchten wir dich ersuchen, auf dieser Liste hinter dem Namen dieser Person den Buchstaben ,S‘ hinzuschreiben." (Ah-Rufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Was heißt denn das "S"?) "Dieser Buchstabe bringt zum Ausdruck, dass du diese Person für einen SPÖ-Wähler hältst."

Aber jetzt kommt es noch schlimmer: "Umgekehrt", lieber Freund, "möchten wir dich auch bitten, solltest du von jemandem den gesicherten Wissensstand haben, dass er oder sie eine andere Partei wählt, so würden wir dich bitten, den Buchstaben ,A‘ hinter diesen Namen zu setzen." (Ah-Rufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das ist der wortwörtliche Inhalt dieses Briefes. Dazu gibt es dann auch noch eine Blankoliste, in die man die Namen von allen Bekannten, Verwandten und so weiter eintragen kann, damit man wirklich flächendeckend bespitzeln und flächendeckend beobachten kann. (Pfui-Rufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist denn die Frau Kollegin Silhavy?)

Dazu ein Bericht des Datenschutzrates: "Bei den im Wählerverzeichnis festgehaltenen Daten wie Name, Adresse und Geburtsjahr der wahlberechtigten Personen handelt es sich durchaus um Daten, an deren Vertraulichkeit ein schutzwürdiges Interesse der betroffenen Personen besteht und deren Missbrauch jedenfalls zu unterbinden ist. Die Übersendung von Wählerverzeichnissen an Vertrauenspersonen und deren Beauftragung zu unverfrorener Gesinnungsschnüffelei ist aus datenschutzrechtlicher Sicht äußerst bedenklich." (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Worauf wir immer noch warten, worauf wir von der Landespartei warten, worauf wir von der Bundespartei warten, das ist eine Distanzierung, das ist eine Entschuldigung. Was hat man gehört in der Steiermark? Da kann man in der "Presse" unter der Überschrift "Steirische Spitzelaffäre: SPÖ spricht selbst von ,stümperhafter Aktion‘" Folgendes lesen: "Die umstrittene Aktion sei kein Alleingang der Stadtpartei gewesen, heißt es in Graz. Man habe vielmehr einen ,Auftrag‘ der Landes-SP erfüllt. Wahlkampfleiter Ressel habe bei einer Sitzung der Bezirksgeschäftsführer eine Erfassung von SP-Sympathisanten verlangt. ... Tatsächlich soll es auch in anderen steirischen Bezirken – etwa in Liezen –" zu ähnlichen Aktionen gekommen sein. (Rufe bei der SPÖ: Bei der ÖVP! Bei der ÖVP!)

Die FPÖ hat im steirischen Landtag eine Dringliche Anfrage an den Landeshauptmann-Stellvertreter Schachner-Blazizek gerichtet, um diesen Skandal aufzuklären.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Kollegin Zierler! Ich würde in der Halbzeit der Rede bitten, wenigstens einen Bezug wieder zur Fristsetzung zu machen, einen kurzen, denn bei einer anderen Debatte ist das so stürmisch urgiert worden. Dann kann ich Ihnen wieder das Wort erteilen. – Bitte.

Abgeordnete Theresia Zierler (fortsetzend): Herr Präsident! Vor dem Hintergrund des Berichtes des Europäischen Parlaments, der auf den besonderen Schutz des Rechtes auf Achtung der Privatsphäre, der Wohnung sowie auf den Schutz der personenbezogenen Daten hingewiesen hat, sind die Vorgänge in der SPÖ Steiermark durchaus bedenklich.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Jetzt stimmt es wieder, gut! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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