Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 40

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Konsens, dass in einer schwierigen Situation Österreich, seine Demokraten, seine Bürger zusammenstehen müssen, gegeben war und gegeben ist – denn das ist wichtig für uns! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das hat nichts, meine Damen und Herren, mit falschem Patriotismus, mit einem Hurra-Patriotismus zu tun. Aber ich werde nicht aufhören, mit Zähnen und Klauen darum zu kämpfen, dass "Heimat", "Vaterland" und "Patriotismus" Begriffe sind, die man auch heute im 21. Jahrhundert verwenden darf und kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Über die Entstehung der Sanktionen kann und will ich hier nichts sagen, weil ich darüber keine Informationen aus erster Hand habe. Jene, die dafür verantwortlich waren und sind, werden das mit ihrem Gewissen und sicher auch vor der Zeitgeschichte auszumachen haben. Wir in der Regierung haben eigentlich immer unseren Blick auf die Bewältigung der Gegenwart und vor allem der zukünftigen Fragen für unsere Heimat gerichtet.

Wir haben vom ersten Tag an keinen Vertrauensvorschuss bekommen. Im Gegenteil! Sie haben uns noch vor der Präsentation der Regierungserklärung mit einem Misstrauensantrag versehen. Wir können damit leben. Ich habe als Regierungschef hier mehr Zeit verbracht als jeder meiner Vorgänger, weil es mir als langjährigem Parlamentarier wichtig ist, dass die Auseinandersetzung hier in diesem Hohen Hause, vor den gewählten Volksvertretern stattfindet und nicht draußen auf der Straße bei Demonstrationen oder Blockaden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Hier muss die Auseinandersetzung stattfinden! Hier müssen Sie sich als Opposition bewähren, und hier müssen wir uns als Regierung, als Parlamentarier, die diese Regierung unterstützen, vor dem österreichischen Souverän, dem einzigen, dem wir wirklich verantwortlich sind, nämlich dem österreichischen Wähler – und nicht irgendwelchen anderen Instanzen –, rechtfertigen. Das ist mir wichtig, und das ist auch eine Lehre aus diesen Sanktionsmonaten, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sagte – und ich meine das ehrlich –, wir haben die Sorgen, die am Anfang in Leitartikeln, in vielen E-Mails oder Briefen, in persönlichen Gesprächen geäußert worden sind, sehr ernst genommen und haben daher auch versucht, in den ersten sechs, sieben Monaten ein reichhaltiges Themenbouquet an wichtigen Initiativen zu präsentieren. Dazu gehören etwa die Verbesserung der Rechte der Minderheiten, der Volksgruppen in Österreich, das Aufarbeiten der Geschichte, die Zwangsarbeitereinigung, die Integrationsbemühungen und die Armutsbekämpfung, die in vielen Bereichen ernst genommen wird. Einige Themen haben Sie ja heute in der Früh schon diskutiert. Auch die Sorgen der Erweiterungskandidaten wurden von uns ernst genommen und, wie ich glaube, in einer sehr vernünftigen Art und Weise behandelt.

Ich danke Ihnen auch, dass viele dieser wichtigen Themen trotz der sehr emotionalen und kontroversiellen Debatten hier im Hohen Hause manchmal einstimmig beschlossen worden sind. Das ist österreichisch, denn ich glaube, nur in wenigen anderen europäischen Ländern wäre bei einer so aufgeheizten emotionalen Diskussion dennoch ein so großer Konsens dagewesen. Ich bedanke mich ausdrücklich hier beim Hohen Haus. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben – die Frau Vizekanzler, das ganze Team und ich – in diesen Monaten versucht, unser Land mit Besonnenheit und Festigkeit zu führen. Ich habe ein wenig schmunzeln müssen, als am Wochenende, am Sonntag, Kardinal Schönborn in seiner beachtlichen Predigt in Mariazell den großen christdemokratischen Gründer der Europäischen Union, den ehemaligen französischen Außenminister Schuman zitiert hat, der drei Ratschläge an seine Politikerkollegen hatte:

Erstens: nicht dramatisieren, zweitens: einen gewissen Humor in der Politik bewahren, auch wenn es schwer fällt, und drittens, was noch schwerer fällt: Wenn man Schläge einstecken muss, sie nicht eins zu eins zurückgeben. – Wir sind nicht perfekt, meine Damen und Herren, und beim dritten Punkt müssen wir, glaube ich, alle noch an uns arbeiten. Aber es sind kluge Ratschläge, die uns hier Kardinal Schönborn von Schuman, dem Gründer der Union, mit auf den Weg gegeben hat. Wir wollen sie beherzigen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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