Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 120

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system einzuführen, um das System zu sanieren. Ähnlich geht es nun bei den Universitäten: Man versucht nun, flugs Selbstbehalte, also Studiengebühren einzuführen, um ein System zu reformieren, für das Studenten nicht zur Verantwortung zu ziehen sind. (Beifall bei den Grünen.)

Die Schwächsten im System – es ist ganz so wie bei der Krankensteuer – sollen nun Österreichs Universitäten zur Europareife bringen, finanzieren nun die seit Jahren versprochene Technologiemilliarde aus ihren eigenen und aus ihrer Eltern Taschen. Das finde ich großartig! Das finde ich umwerfend! Das ist "Politik neu"! Das ist "Speed kills" und was auch immer mehr. (Beifall bei den Grünen.)

Die Eintönigkeit dieser Phantasie wird letztlich nur mehr durch Kaltschnäuzigkeit und eine, ich sage vorsichtshalber, "ausgeprägte intellektuelle Schwäche" übertroffen. Ich werde das auch begründen.

Beginnen wir mit einem schnellen Blick in die – noch! – unabhängige Medienlandschaft und in die APA. Ich zitiere:

Bundeskanzler Schüssel im "Kurier" vom 27. Mai 2000: "Und so beteuert der Kanzler, dass sich die Regierung Studiengebühren ,nicht vorgenommen‘ habe und plädiert für den ,Aufstieg durch Bildung‘."

Schüssel in den ORF-Sommergesprächen, 11. September 2000: "So attraktiv ist es nicht, Student in Österreich zu sein. Da müssen die Eltern kräftig mitzahlen. Die Hälfte der Studenten muss dazuverdienen, damit sie überhaupt das Studium einigermaßen über die Runden bringt."

Schüssel-Meldung in der APA vom 19. September 2000 – das nennt man Trendwechsel! –: "Schüssel bezeichnete am Dienstag im Ministerratsfoyer die Einführung der Studiengebühren als ,sehr vernünftige und sozial gerechte Lösung‘." Und weiters: "So erwartet Schüssel auch Verständnis seitens der Bevölkerung und der Studenten für das Vorgehen der Regierung."

Warten Sie nur, warten Sie nur! Aber mit "Speed kills" hat Warten nichts zu tun. Ich glaube, "Speed kills" wird siegen.

Die Wissenschaftssprecherin der ÖVP, Gertrude Brinek, in der APA vom 20. März 2000: "Österreich drohen keine Studiengebühren. Der Bildungsgang von der Volksschule bis zum akademischen Abschluss wird auch weiterhin von der Gesellschaft getragen werden." (Abg. Ing. Westenthaler: Der glaubt, er hält eine Vorlesung!)  – Wer ist die Gesellschaft? Die StudentInnen allein und ihre Eltern? (Abg. Dr. Brinek: Mit!)

Da äußert sich Klubobmann Khol viril schon deutlich ungeschminkter und weniger schüchtern, allerdings unter der bezeichnenden Überschrift der APA "Universitäten Finanzen Budget ÖVP Burgenland" – was immer das auch bedeutet –:

"Für ÖVP-Klubobmann Andreas Khol sind die geplanten Studiengebühren ein ,legitimes Mittel‘ in einer großen Palette von Maßnahmen zur Budgetsanierung. ... ,Neue Ziele verlangen neue Mittel.‘ Das Sparprogramm könne auch vor den Universitäten nicht Halt machen." 

Ist das nicht eine relativ erbärmliche Interpretation einer vollmundig angekündigten Bildungs- und Forschungsinitiative der Bundesregierung? (Beifall bei den Grünen.) Ich bin froh, dass Sie jetzt nicht den Kopf schütteln, Sie beginnen allerdings bereits damit.

Wo gehobelt wird, da fliegen Späne. Da setzt er seinen Hobel an und hobelt alle gleich. (Abg. Dr. Khol: Das habe ich nicht gesagt!)  – Das ist jetzt nicht von Ihnen, sondern von Ferdinand Raimund, und handelt vom Gevatter Tod. Nun, Vater Klubobmann verweist in dieser APA-Aussendung darauf, "dass ein Student pro Jahr 200 000 bis 300 000 S koste." – Herr Professor Khol irrt aber.

Ich zitiere: "Die inflationsbereinigten Kosten pro Student sind seit 1970 um ein Viertel gesunken, im Vergleich zur allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung (BIP)" – also gemessen am BIP –


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