Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 131

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knappe 200 000 S im Jahr. Demgegenüber beträgt die staatliche Finanzierung durch Stipendien im Durchschnitt etwa 40 000 S. Das heißt: Ein Fünftel zahlt der Staat, drei Viertel zahlen schon heute die jungen Leute für unser aller Zukunft. In welche Richtung fließen also die Investitionen? Und warum steigen Sie auf diese Art von Neidparolen ein, die wir von rechts außen seit Jahren hören: InländerInnen gegen AusländerInnen, Alte gegen Junge? Jetzt kommt es auch vom bisher staatstragenden Regierungspartner: Die Studierenden – dumpfe Ressentiments werden verstärkt – studieren auf unsere Kosten. Das Gegenteil davon ist wahr! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek. )

Frau Dr. Brinek! Ich werde Ihnen einen Brief vorlesen. Und es ist ein Brief, der stellvertretend für viele andere steht, die mich via e-mail erreicht haben und die ähnlich lauten. Unter der Überschrift "Aus und vorbei" schreibt mir eine Frau: Ich bin Mutter von vier Kindern und bin eine so genannte "ewig Studierende". Sie führt das dann näher aus, schreibt, dass die Kinder, die sehr unterschiedlichen Altersstufen angehören, natürlich sehr betreuungsintensiv sind und es ihr nur erlauben, eine sehr geringe Anzahl von Lehrveranstaltungen pro Semester zu besuchen. Sie schreibt aber dann, sie brauche ihr Studium wie die Luft zum Atmen, denn die geistige Nahrung sei für sie wichtig. – Ich finde diese Frau toll! Ich meine, genau solche Frauen gehören unterstützt. Allein: Sie studiert sehr lange. Sie weiß, dass sie nicht anders kann, ohne irgendeine ihrer Verpflichtungen zu vernachlässigen. Abschließend schreibt sie, für sie seien 5 000 S pro Semester nicht aufbringbar. Und auf Kredit – also da läppert sich was zusammen.

Warum bestrafen Sie diese Frau mit einem Rucksack voller Schulden, die sie nicht mehr zurückzahlen kann? Denn genau dann, wenn es an die Rückzahlung ginge, wird sie womöglich Geld brauchen für ihre vier Kinder. Sie schreibt am Ende: Ich fühle mich betrogen um meine Matura, um meine Studienberechtigung. Was nützt es mir, das alles zu haben, wenn das Geld oder die Zeit fehlen? Und das sind anscheinend die einzigen Kriterien, die als Studienqualifikation zählen und nicht mehr Können oder Wissen. Österreich wird ein armes Land dadurch. – Ich fürchte das auch. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Brinek! Wir wissen aus ausländischen Studien, dass Studiengebühren in jeder Art, auch Darlehensvarianten, zu Lasten von Frauen wirken. Und ich verstehe nicht ganz: Sie zeigen immer großes Verständnis für die Budgetkritik der EU. Wir sind aber auch schon oft wegen Nichtverringerung des Gender-Gaps gerügt worden. Prüfen Sie doch diese Studien! Untersuchen Sie doch erst einmal, wie es sich auswirkt, und diskutieren Sie es hier im Parlament, bevor Sie eine eindeutige Umverteilung von den Frauen zu den Männern durchführen, das heißt von den Diskriminierten zu den ohnehin schon Begünstigten.

Ein Allerletztes: Ich habe den Eindruck, dass das auch keine so akademische Debatte ist, sondern dass da handfeste, massive, knallharte ökonomische Interessen im Hintergrund stehen, und die heißen unter anderem IMADEC, Herr Amon. Ich habe hier ein Schreiben in Händen, das davon zeugt, dass es hinter den Kulissen – und die Frau Bundesministerin weiß das ja – recht lebhaft zugeht. Es handelt sich um ein Schreiben von Professor Landfried, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz aus Bonn. Und er schreibt – es ist ein langes Schreiben, in dem er sich an sich für Privatuniversitäten, für Österreich ausspricht –, es wäre unglücklich, wenn in der internationalen Scientific Community wie auch bei den Unternehmen, die ihr Personal aus Einrichtungen zu rekrutieren wie auch dort weiterzubilden wünschen, der Eindruck entstünde, es würden die im Gesetz niedergelegten Anforderungen unter dem öffentlichen Druck privater, wirtschaftlicher und politischer Interessen nicht so strikt angewandt, wie der Gesetzgeber es sinnvollerweise vorgesehen hat. – Er verweist auf die Vorkommnisse der Sitzung vom 24.7., über die wir uns auch noch einmal unterhalten werden.

Wenn man dies in Verbindung mit Ihren Äußerungen sieht, der Staat solle doch auch überlegen, bei den Privaten dazuzufinanzieren, wird es ganz klar: Es geht von den Frauen zu den Männern, von der Öffentlichkeit zu privaten Eliten und einigen, die dann nach irgendwelchen Kriterien Diplome verleihen.


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